Der Kampf um die Elektronik-Effizienz im Auto

Zu viel Streaming, zu viel TikTok – der Smartphone-Akku leert sich schnell. E-Autos haben eine unvergleichlich größere Batterie, aber auch viel mehr Elektronik an Bord. Weil die Batterie aber vor allem viel Reichweite bieten soll, wird das Energiesparen bei der Fahrzeugelektronik immer wichtiger.

Wie hoch der Energieverbrauch in aktuellen und künftig in Software-definierten Fahrzeugen ist, bleibt noch eine Rechnung mit vielen Unbekannten. BMW und VW nennen auf Anfrage der Automobilwoche keine Werte, mit der Begründung, sie seien von Fahrzeug zu Fahrzeug und von Konstellation zu Konstellation sehr unterschiedlich.

Das bestätigt ein Experte eines IT-Unternehmens. Er nennt als "grobe Schätzung" ein bis drei Kilowatt. Klar ist: Mit zunehmender Rechenleistung wird die Elektronik mehr Strom brauchen. Was auch zusätzliche Wärme bringt, weshalb wiederum mit weiterem Stromverbrauch gekühlt werden muss.

Je nach eingesetzter Technik gibt es erhebliche Unterschiede. "Bei der Rechnerhardware kann sich, abhängig vom Hersteller, der Stromverbrauch durchaus um den Faktor zwei bis vier unterscheiden, bei gleicher Rechenleistung", sagte Jan Becker, Chef von Apex.AI, der Automobilwoche.

Auch auf die Software kommt es an. "Gut und schlecht geschriebene Softwarepakete können sich um den Faktor zehn oder mehr unterscheiden – und dementsprechend mehr oder weniger Rechenleistung erfordern", sagt Becker.

Mit dem Chip-Spezialisten Ambarella arbeitet Continental auch wegen dessen energiesparenden Lösungen zusammen. Für den niedrigen Verbrauch habe man die Systeme für die beim automatisierten Fahren nötigen KI-Algorithmen maßgeschneidert, speziell für die Auswertung der Daten von Kameras, Radaren, Lidaren und Ultraschallsensoren, so Les Kohn. Der Ambarella-CTO nennt das den "Algorithm-first"-Ansatz. Zudem sei der Datenfluss im System-on-Chip (SoC) sowie von und zu Speicherchips auf maximale Effizienz getrimmt.

Einen anderen Sparansatz verfolgt der israelische KI-Spezialist Autobrains beim automatisierten Fahren. Joachim Langenwalter, Senior Vice President Autonomous Driving, schätzt, dass 98 Prozent der Systeme auf dem Markt ein großes neuronales Netz nutzen, das alle Fahrsituationen auf der Straße abdeckt und ständig komplett aktiv ist.

"Bei Autobrains aktivieren wir dagegen nur jenen Bereich des Netzes, der für die aktuelle Fahrsituation relevant ist. Auf der Autobahn etwa muss das System nicht für Kreisverkehre gewappnet sein. Wir schleppen also sozusagen weniger Ballast mit. Das senkt die nötige Rechenleistung um den Faktor zehn."

Langenwalter weist darauf hin, dass der sparsame Umgang mit Rechenleistung – gemessen in TOPS, also Trillion Operations per Second – nicht nur ein Energiethema ist. "Die Kosten sind ein großer Anreiz, sparsam mit Rechenleistung umzugehen. Als Faustregel kann man davon ausgehen, dass heute ein TOPS Rechenleistung ungefähr einen Dollar kostet." Und: "Erforderliche Rechenleistung, Preis und Energieverbrauch bewegen sich mehr oder weniger im Gleichschritt nach oben oder unten."

Aus dem Datencenter:

Verbesserungen der Energiedichte der Lithium-Ionen-Batterie seit 1990