Millionenverluste für Online-Gebrauchtwagenhändler

In den vergangenen zwei bis drei Jahren haben viele Autohändler Rekordergebnisse erzielt. Vor allem der Gebrauchtwagenbereich boomte dank knapper Ware bei hoher Nachfrage und bescherte vielen Händlern Rekordgewinne. Trotz der europaweiten guten Voraussetzungen fahren viele Online-Gebrauchtwagenhändlern weiter millionenschwere Verluste ein. Jüngstes Beispiel ist der britische Onlinehändler Cinch.

Laut den kürzlich veröffentlichten Geschäftszahlen verzeichnete die Tochter der Constellation Auto Group, zu der die auch in Deutschland aktive Auktionsplattform BCA zählt, für das am 2. April 2023 abgelaufene Geschäftsjahr einen Verlust von umgerechnet rund 211 Millionen Euro. Im Vorjahr lag das Minus noch bei rund 148 Millionen Euro. Die Umsätze stiegen im selben Zeitraum um 24 Prozent auf umgerechnet rund 1,2 Milliarden Euro. In seinem Geschäftsbericht verweist Cinch darauf, dass man im vergangenen Jahr die Online-Plattform und Technologie dahinter weiterentwickelt habe. Gleichzeitig seien die markt- und makroökonomischen Rahmenbedingungen unsicher gewesen und hätten Verbrauchervertrauen beeinträchtigt. Insgesamt strebe man "langfristiges Wachstum" an, sprich die Investitionen in die Skalierung des Geschäfts und damit die Verluste könnten noch eine Weile andauern.

Deutlich schlechter als bei Cinch lief es beim britischen Konkurrenten Cazoo. Dieser vermeldete in seinem jüngsten Halbjahresbericht zum Stichtag 30. Juni einen satten Verlust von rund 176 Millionen Euro. Mittlerweile ist nicht einmal mehr sicher, ob der Online-Händler, der 2021 bei seinem SPAC-Börsengang 800 Millionen Euro eingesammelt hatte, in die Insolvenz rutscht. Am 18. Dezember teilte das Unternehmen laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters mit, dass man nur noch über begrenzte Liquidität verfüge und vor Beginn der zweiten Jahreshälfte 2024 frisches Kapital aufnehmen müsse, um das Geschäft weiter fortsetzen zu können. Gelinge das nicht, müsse man die Geschäftstätigkeit "erheblich verändern oder möglicherweise sogar einstellen".

In seinem Halbjahresbericht wies Cazoo noch einen Bestand an Barmitteläquivalenten von rund 227 Millionen Euro aus. Zum Jahresende sollte der Barbestand laut Plan noch zwischen 116 und 134 Millionen Euro liegen. Die Warnung kam nur wenige Tage nachdem Cazoo den Abschluss eines Umschuldungsprogramms verkündet hatte. Im Rahmen des Programms hatten sich Anleihegläubiger bereit erklärt, 630 Millionen Dollar an Schulden gegen Anleihen im Wert von 200 Millionen Dollar und Aktien zu tauschen. "Der Abschluss dieser Transaktionen stellt einen wichtigen Wendepunkt für Cazoo dar", erklärte CEO Paul Whitehead damals. Das Grundproblem von Cazoo: Das Geschäft wuchs in der Vergangenheit zwar rasant, es blieb aber viel zu wenig hängen.

Besser sieht es beim deutschen Online-Gebrauchtwagenriesen Auto1 aus. Dieser stellte zuletzt Rentabilität vor weiteres Wachstum. Auto1 stand zwar zum dritten Quartal 2023 vor einem Konzernverlust von rund 95 Millionen Euro. Allerdings zeigt die Kurve deutlich nach oben. Von Januar bis Ende September 2022 lag der Konzernverlust noch bei rund 189 Millionen Euro. Zum ersten Mal nach dem Börsengang hat Auto1 im dritten Quartal 2023 zudem ein positives bereinigtes EBITDA von 495.000 Euro erreicht. Ursprünglich angestrebt war dieser Meilenstein erst für das letzte Quartal 2023. Der große Vorteil von Auto1 gegenüber Wettbewerbern wie Cinch und Cazoo ist das breitere Portfolio: Anders als die Wettbewerber fokussiert sich Auto1 nicht allein auf das Geschäft mit Endkunden, sondern hat mit Auto1.com auch eine starke B2B-Sparte.