Neue Technologien verschaffen Radar fast die gleiche Leistungsfähigkeit wie Lidar-Systemen. Nun wartet der Praxistest.
Ein Auto mit einem Lidar fährt in Berlin
Im Rennen zwischen Lidar und Radar gibt es Verschiebungen. Radar entwickelt sich so rasant weiter, dass diese relativ kostengünstige Technik möglicherweise die teuren Lidar-Sensoren ersetzen kann.
Bislang galt Lidar für Funktionen spätestens ab Level 3 als gesetzt – Radar nur als wichtige Ergänzung. Zu schwach waren bei Radar die Auflösung der Umgebung und die Möglichkeit, die Sensordaten in Bilder umzuwandeln und Objekte sicher zu identifizieren.
Das ändert sich nun. Experten sehen Radar schon fast auf Augenhöhe mit Lidar: "Es fehlt nur noch wenig, bis beide Systeme in ihrer Leistungsfähigkeit vergleichbar sind, wobei Radar zusätzlich die inhärente Geschwindigkeitserfassung, die bessere Wetterrobustheit und den Kostenvorteil mitbringt. "Das sagt Tomas Lucia, Head of Product Marketing Automotive Radar des Chipherstellers Infineon.
"Es gibt neuartige Radar-Technologien, die perspektivisch versprechen, als echte Alternative für Lidarsysteme zu fungieren", sagt Kersten Heineke, Partner bei McKinsey.
"Die Kombination aus Kamera und DAR – Distributed Aperture Radar – hat hierzu das Potenzial. Sie bietet die notwendige Reichweite und führt optische und Radarinformationen so zusammen, dass sie Lidar ersetzen kann", sagt Karthik Ramesh, Director Product Marketing ADAS bei NXP Semiconductors.
DAR ist eine der beiden neuen Technologien, die Radar einen großen Sprung bei der Auflösung bescheren. NXP entwickelt DAR mit dem Partner Zendar, Plastic Omnium mit dem Start-up -Greenerwave das -andere System.
Beide Gruppen lösen das gleiche Problem. Bei konventionellen 4G-Imaging-Radarsystemen sind die Antennen wenige Zentimeter groß. Weil die Antennen so kleine Flächen haben – Techniker sprechen von einer kleinen Apertur oder Öffnung –, ergibt sich die nur relativ geringe Auflösung.
Beide Firmengruppen schaffen es, durch Verteilung von Radarkomponenten an verschiedenen Stellen der Karosserie und elektronische Nachbearbeitung von Sensor-signalen eine virtuelle Apertur zu schaffen, die vielfach größer ist als die tatsächliche.
Plastic Omnium kündigt eine dem Lidar vergleichbare horizontale Auflösung von 0,1 Grad an. Für DAR spricht Zendar von 0,16 Grad horizontaler Auflösung, und NXP nennt „weit unter 0,5 Grad“ Auflösung in der Senkrechten. NXP berichtet von „großem Interesse“ von Automobilherstellern bei Plattformen, die ab 2027 in Produktion gehen.
Interessanter Nebenaspekt: Der bislang als Lidar-Kritiker bekannte Tesla-Chef Elon Musk scheint nun doch auf die Lasertechnologie zu setzen. Tesla war im ersten Quartal größter Einzelkunde des Lidar-Herstellers Luminar, der Volvo, Polestar und künftig wohl auch Mercedes beliefert.
