Börsenabsturz und China-Schock: Wie Polestar seine Probleme in den Griff bekommen will

Die Zeichen standen schon auf Sturm, als das Elektroauto-Start-up Polestar vor fast zwei Jahren mit einer Bewertung von 21 Milliarden US-Dollar an die Börse ging. Der von Geely kontrollierte Hersteller nahm den Handel an der US-Technologiebörse Nasdaq auf, als eine von der Pandemie ausgelöste wirtschaftliche Rezession die Blase der Elektroauto-Aktien zum Platzen zu bringen drohte.

Seitdem hat die Skepsis der Anleger den Kurs von Polestar in den Keller gedrückt. Er ist seit dem Börsengang um fast 95 Prozent gefallen. Am 21. Mai sank der Aktienkurs unter einen Dollar und gefährdet damit die Börsennotierung des Herstellers. Am Mittwoch dieser Woche schloss die Aktie mit einem Allzeittief von 73 Cent.

Polestar hat unlängst die Veröffentlichung seiner Ergebnisse für das erste Quartal verschoben und muss noch seinen Jahresbericht für 2023 vorlegen. Das Unternehmen gab an, dass es mehr Zeit benötigt, um seine Jahresabschlüsse aufgrund von Bilanzierungsfehlern in den Jahren 2021 und 2022 fertigzustellen.

Diese Unsicherheit könnte zum Problem werden. Der Morningstar-Aktienanalyst David Whiston sagt, dass der Rauswurf aus einer großen Börse "den Kreis der potenziellen Investoren einengt", da viele Investmentfonds und institutionelle Anleger nur Unternehmen halten, die an der Nasdaq und der New York Stock Exchange gehandelt werden.

Die Verzögerungen bei der Einreichung der Unterlagen und die möglichen Probleme bei der Rechnungslegung werden den Aktienkurs von Polestar in nächster Zeit wahrscheinlich weiter belasten. 

Der Erfolg von Tesla hat in den vergangenen Jahren zu einer Reihe von Börsengängen geführt, bei denen Elektroauto-Start-ups mit Milliarden-Dollar-Bewertungen eingestuft wurden, obwohl ihre Ertragslage das nicht hergab.

Diese einstmals schwungvollen Aktien kommen nun ins Straucheln, da die finanziell besser ausgestatteten und mit einer bekannten Marke versehenen etablierten Autohersteller in den Markt für Elektrofahrzeuge eindringen und das Wachstum von Tesla und Co. bremsen. Die Aktien von Rivian sind seit dem Börsengang vor weniger als drei Jahren um mehr als 90 Prozent eingebrochen. Der Aktienkurs von Lucid ist seit dem Börsengang im Juli 2021 um 90 Prozent gefallen.

Branchenanalysten sind deshalb der Meinung, dass Marken, die sich noch in der Frühphase befinden und nur über eine schmale Produktpalette verfügen, unter Druck geraten, da sich der Wettbewerb verschärft und das Interesse der Verbraucher an Elektrofahrzeugen abkühlt.

In den USA hat Polestar nur ein Volumenmodell angeboten – die Limousine Polestar 2. Die Crossover Polestar 3 und Polestar 4 werden voraussichtlich noch in diesem Jahr auf den Markt kommen und sollen den schwächelnden Absatz der Marke ankurbeln.

Die Auslieferungen von Polestar sind im ersten Quartal um 53 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen, während die Neuzulassungen um 70 Prozent zurückgingen. Gregor Hembrough, Leiter von Polestar North America, führte das schlechte Abschneiden auf die gedämpfte Nachfrage aufgrund der hohen Zinsen und die strategische Verlagerung von Flottenverkäufen zurück.

"Es gibt zu viele EV-Modelle und zu viel Produktionskapazität für diesen Markt", sagt Karl Brauer, leitender Analyst bei iSeeCars.com. "Es gab einen unbestreitbaren irrationalen Überschwang, der drei oder vier Jahre lang durch die Autoindustrie ging."

Nach einer Schätzung von Cox Automotive stiegen die E-Auto-Verkäufe in den USA im ersten Quartal um 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das ist deutlich weniger als der 46-prozentige Anstieg der entsprechenden Verkäufe im gleichen Zeitraum des Jahres 2023.

Angesichts der anschwellenden Lagerbestände hat Polestar einige Nachfragehebel in Bewegung gesetzt. Die Marke hat im zweiten Quartal eine Werbekampagne gestartet, für die laut Hembrough so viel ausgegeben wurde wie seit dem Super-Bowl-Werbespot im Jahr 2022 nicht mehr. Der Spot kostete damals rund 6,5 Millionen Dollar.

Polestar versucht es in den USA darüber hinaus mit Rabatten und bietet in diesem Monat eine Leasingrate von 299 Dollar pro Monat für den Polestar 2 Long Range an.Hembrough sagte, dass Polestar im Mai seinen besten Verkaufsmonat hatte. Doch die Nachlässe kommen zu einem Zeitpunkt, an dem Polestar-CEO Thomas Ingenlath versprochen hat, sich nicht in den Abwärtswettlauf der Branche verwickeln zu lassen.

"Wir haben ganz klar gesagt, dass wir uns nicht auf einen Preiskrieg einlassen werden, um unsere Volumenziele zu erreichen, weil wir unsere Premiumposition beibehalten wollen", sagte Ingenlath vergangenes Jahr dem Automobilwoche-Partnerportal  Automotive News Europe.

Polestars starke Abhängigkeit von der Produktion in China setzt den Hersteller auch einem geopolitischen Risiko aus: Die Biden-Regierung versucht, die Überschwemmung des US-Marktes mit chinesischen Elektroautos zu verhindern, indem sie die Importzölle von 27,5 Prozent auf 102,5 Prozent in diesem Jahr erhöht. In der EU werden Strafzölle auf Elektroautos aus China geprüft.

Der Polestar 2 kommt aus dem Volvo-Werk in Luqiao, China, und der geplante Crossover Polestar 4 wird in einem Geely-Werk in Hangzhou Bay montiert. Der Crossover Polestar 3 wird das erste "Made in the U.S.A."-Modell der Marke sein. Die Montage soll im August im Volvo-Werk in South Carolina beginnen.

"Solange Polestar nicht mehr außerhalb Chinas produziert, wird es für sie schwer sein, in den USA zu konkurrieren", sagt Sam Abuelsamid, leitender Analyst bei Guidehouse Insights.

Mit einem globalen Produktionsnetzwerk, das mehrere Marken umfasst, kann Geely seiner Einschätzung nach die Produktion innerhalb von 12 bis 18 Monaten nach Europa und in andere asiatische Länder verlagern.

Dieser Artikel ist zuerst beim Automobilwoche-Schwesterportal Automotive News erschienen. Er wurde von KI übersetzt und von einem Redakteur der Automobilwoche überprüft.