Autonomes Fahren: Hersteller denken Airbags und Gurtsysteme völlig neu

Das Auto fährt im Autopilot-Modus und die Insassen fläzen auf den Sitzen: Der eine schläft, der andere spielt ein Videospiel und der dritte telefoniert.  

Gurtsysteme und Airbags, wie wir sie bislang kannten, kommen vor allem in relaxten Sitzpositionen oder wenn sich Sitze drehen können an ihre Grenzen. "Künftig werden Gurtsysteme nicht mehr in der B-Säule angedockt, sondern kommen – so wie es heute schon bei Cabrios der Fall ist – aus dem Sitz heraus", sagt Alexander Gulde. Er ist Senior Director Global Virtual Engineering beim schwedischen Zulieferer Autoliv.

Außerdem verschmelzen künftig Gurt- und Airbagsysteme. So hat Autoliv Airbags entwickelt, die in die Sicherheitsgurte integriert sind. "Bisherige Orte für Airbags, klassischerweise über dem Handschuhfach beim Beifahrer oder im Lenkrad beim Fahrer, setzen voraus, dass die Passagiere relativ starr geradeaus gerichtet sitzen. Davon kann man, vor allem wenn das Auto autonom fährt, nicht mehr ausgehen", so Gulde. Darum passen sich die Systeme immer mehr den Sitzpositionen der Insassen an und bewegen sich mit ihnen.

Adaptive Sicherheit ist ein weiteres Stichwort, um Insassen im Auto zu schützen. Dabei löst ein adaptives Sicherheitssystem individuell angepasst an die Insassen und an die Unfallschwere aus. Unterschiedliche Sensoren erkennen dabei innerhalb Sekundenbruchteilen, wie gravierend ein Unfall sein wird und wie schwer, groß und alt die zu schützenden Personen sind. Daran richtet sich aus, wie starr der Gurt gestrafft wird und welcher Airbag auslöst.

Der Hintergrund: Es gab schon oft den Fall, dass sich gerade ältere Menschen Knochenbrüche zuzogen, weil die Gurte zu straff waren oder der Airbag zu hart auslöste. "Geht es um Leben und Tod, ist das sicherlich gerechtfertigt, prallt das Fahrzeug jedoch nur leicht auf, muss man schauen, ob man nicht auch sanfter die Insassen zurückhalten kann", erläutert ein Sprecher von ZF-Lifetec.

ZF-Lifetec ist ein Unternehmen im ZF-Konzern und produziert wie Autoliv Sicherheitssysteme für Autos. Das Unternehmen untersucht zudem, wie Systeme schützend eingreifen können, noch bevor ein Unfall passiert. "Hier spielen kleine Motoren in den Gurtrollern eine große Rolle", so ein ZF-Sprecher.

Sie holen den Passagier, der sich in einer möglichen Gefahrensituation zu weit nach vorn beugt – womöglich in den Fußraum – langsam aber stetig aus der Position zurück in den Sitz, wo er dann optimal geschützt werden kann.

Ein weiterer Trend geht in Richtung Sicherheit und Komfort: So verbrauchen Elektroautos enorm viel Energie, wenn, wie bei herkömmlichen Verbrennern, der Innenraum mit einer Heizung aufgeheizt werden soll.

Deswegen sollen beheizbare Gurte und Lenkräder zum Einsatz kommen. "Diese körpernahen Elemente im Auto sind im Vergleich sehr schnell warm und brauchen nur einen Bruchteil an Energie, als wenn man den ganzen Innenraum aufheizt", so ein ZF-Lifetec-Sprecher.