Schaeffler: Neuer Zulieferer-Riese startet mit Stellenabbau

Zum 1. Oktober wird der ehemals zu Continental gehörende Antriebsspezialist Vitesco Technologies bei Schaeffler voll integriert. Zuvor hatten Ende April die Hauptversammlungen von Schaeffler und Vitesco dem Verschmelzungsvertrag zugestimmt. Damit entsteht ein Konzern mit rund 25 Milliarden Euro Umsatz, 120.000 Mitarbeitern und weltweit 100 Werken.

Im Rahmen der bevorstehenden Fusion könnten sich bestimmte Personalstellen erübrigen, sagte Schaeffler-Vorstandschef Klaus Rosenfeld der "Wirtschaftswoche". 

Dies solle aber nicht die Ausmaße erreichen, wie sie ZF angekündigt hatte. Bei den Friedrichshafenern sind bis zu 14.000 Stellen in Deutschland von Streichungen betroffen. Schaeffler bestätigte die Aussagen Rosenfelds der Automobilwoche auf Anfrage und sprach von einem geringen Korrekturbedarf bei doppelt besetzten Stellen.

Diese Meldung trübt die Stimmung bei Schaeffler. Denn rund eineinhalb Jahrzehnte nach dem misslungenen Übernahmeversuch von Continental bekommt die Familie Schaeffler nun das Powertrain-Geschäft, das Conti vor mehr als drei Jahren als Vitesco Technologies abgespalten hatte.

Schaefflers Expertise im Systemverständnis und der Mechanik und Vitescos Kompetenzen in der Leistungselektronik sollen in einem Konzern zusammengeführt werden, der eine wichtige Rolle in der E-Mobilität spielen will. Schaeffler-Vorstandschef Klaus Rosenfeld spricht gerne davon, gemeinsam mit Vitesco eine führende „Motion Technology Company“ am Markt etablieren zu wollen.

Nach der Fusion entsteht für die Komponenten von Elektroautos eine eigene Sparte, sodass Schaeffler dann vier statt drei Bereiche haben wird. In der Sparte Powertrain & Chassis werden die Schaeffler-Geschäftsfelder Engine & Transmission und Chassis sowie die Vitesco-Sparte Powertrain vereint. In der Sparte Bearings & Industrial Solutions führt Schaeffler die bisherige Sparte Industrial und den Bereich Automotive Bearings zusammen.

Die Sparte Vehicle Lifetime Solutions wiederum soll die Aftermarket-Aktivitäten von Vitesco mit der bestehenden Aftermarket-Plattform von Schaeffler vereinen. Der Aftermarket ist Schaefflers Perle im Portfolio. Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurde dort mit 228 Millionen Euro mehr verdient als in den anderen Bereichen.

Eine wichtige Rolle kommt künftig Thomas Stierle zu. Er führt seit Anfang 2023 bei Vitesco die neu geschaffene Division Electrification Solutions und wird nach dem Zusammenschluss als CEO die Sparte E-Mobilität verantworten.

Geführt wird der neue Konzern von Rosenfeld, der als Architekt des Deals gilt und ein Vertrauter von Georg Schaeffler und dessen Mutter Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann ist. Rosenfeld steuert die Familienholding IHO, in der die Schaefflers ihre Anteile an den drei Zulieferern Schaeffler, Continental und Vitesco bündeln. Die Eigentümerfamilie Schaeffler hält über Beteiligungsholdings 46 Prozent an Conti.

Vitesco muss allerdings noch 125 Millionen Euro an Conti zahlen. Auf diesen Betrag haben sie die beiden Unternehmen jüngst geeinigt. Er beinhaltet Kosten im Zuge der zwischenzeitlich abgeschlossenen Ermittlungsverfahren, wozu auch die verhängten Bußgelder der Staatsanwaltschaft zählen.

Hintergrund der Zahlung ist ein Vertrag, in dem die Abspaltung Vitescos von Conti geregelt wurde. In dieser Vereinbarung wurde grundsätzlich festgelegt, dass Vitesco die Kosten aus den Verwicklungen in den Dieselskandals zu tragen hat.

Von dem Zusammenschluss mit Vitesco verspricht sich Schaeffler eine deutliche Kostenersparnis. Spätestens 2029 sollen jährlich 600 Millionen Euro an Synergie gehoben werden. Geklärt ist noch nicht, wer die Kosten aus den Verwicklungen in den Dieselskandal zu tragen hat. Der Vertrag, in dem die Abspaltung Vitescos von Conti geregelt wurde, legt fest, dass Vitesco die Diesel-Altlasten übernimmt. Die Rede ist von einem dreistelligen Millionenbetrag.

Schaeffler wird noch einige Zeit damit beschäftigt sein, das eigene Autogeschäft mit dem von Vitesco zu verschweißen. Auch wenn die Portfolios komplementär sind, gibt es in Zukunftsfeldern wie E-Achsen und E-Motoren Überschneidungen.