Mercedes-Chef Källenius: "Machen Verbrenner-Portfolio fit für die Zukunft"

Mercedes-Chef Ola Källenius geht davon aus, dass die Transformation der Autoindustrie länger dauern wird als zunächst gedacht. Anders als noch vor vier Jahren eingeschätzt, werde die Elektromobilität in vielen Märkten langsamer kommen als zunächst gedacht.

"Wir machen unser Verbrennerportfolio fit für die Zukunft", kündigte er deshalb auf einer Veranstaltung des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) in Nürtingen an. Man werde die Technologie bis in die 30er-Jahre hinein auf Top-Niveau halten und für die kommenden Emissionsvorschriften anpassen.

Dennoch bleibe die Dekarbonisierung das vorrangige Ziel, von dem man nicht abweichen werde. Bis Ende des Jahrzehnts soll das Portfolio so ausgebaut sein, dass theoretisch nur noch rein elektrische Modelle verkauft werden können, wenn die Märkte dies zulassen.

Wie groß die Nachfrage dann sein werde, sei aber schwer vorherzusagen. "Flexibilität ist angesichts der unsicheren Rahmenbedingungen ein Wettbewerbsvorteil", so Källenius. Das Unternehmen hatte zuletzt angekündigt, neben einer neuen elektrischen S-Klasse auch nochmals die Verbrenner-Generation des Flaggschiffs zu erneuern.

Für das Unternehmen bedeute die Umstellung eine Mammutaufgabe. So werde auch die Komplexität bei den Modellen länger erhalten bleiben als zunächst gedacht. Von 2025 bis 2028 werde Mercedes die größte Modelloffensive der Geschichte starten, die Anlaufdichte sei so hoch wie nie.

Große Hoffnungen setzt Källenius auf die nächste Generation der Elektrofahrzeuge, die mit Reichweiten von 750 Kilometern an der Spitze der Technologie sei. "Es wird also extrem viel Auswahl für die Kunden geben", so Källenius. 

Gleichzeitig verteidigte Källenius in den vergangenen Jahren eingeschlagene Luxus-Strategie von Mercedes. Gehe man durch das Mercedes-Museum, dann seien von den Anfängen bis heute zwei Themen durchweg präsent. "Das eine ist Innovation und Technologie, das andere ist, dass ein Mercedes immer etwas Besonderes war."

Als die A-Klasse eingeführt worden sei, hätten Journalisten kritisch gefragt, ob Mercedes nun einen Golf bauen wolle. In erster Linie sei es damals um Skaleneffekte und die Heranführung jüngerer Käufer an die Kunden gegangen.

Daran habe sich nicht geändert, betonte Källenius. "Wir bedienen das Segment lediglich ökonomischer als früher." Außerdem setze man auf die Modelle, die global gesehen den größten Erfolg versprechen.

Von sieben Modellen in der Kompaktklasse bleiben mit CLA, CLA Shooting Brake, GLA und GLB in Zukunft nur vier übrig. Ziel sei es, das Portfolio insgesamt nach oben auszubauen. "Bei unseren Kostenstrukturen können wir keinen Golf bauen", betonte Källenius.

Von der Politik forderte Källenius, die Rahmenbedingungen für die Industrie zügig zu verbessern. So seien im kürzlich vorgelegten Draghi-Bericht die richtigen Lösungen beschrieben, wie eine stärkere Deregulierung.

Richtig sei alles, was zu mehr Einnahmen für die Unternehmen oder zu niedrigeren Kosten führe. "Wir müssen erst den Kuchen backen, bevor wir ihn verteilen", forderte Källenius. So seien auch die Klimaziele letztlich besser zu erreichen. "Aber man muss es dann auch machen."

Mit Blick auf den Standort Deutschland gebe zu denken, dass etwa in der Schweiz über 200 Stunden pro Jahr mehr gearbeitet werde und der Krankenstand hierzulande deutlich erhöht sei. Würden sich die Rahmenbedingungen nicht geändert, wandere Kapital in der Zukunft womöglich verstärkt ab.

Für die Unternehmen bleibe die Aufgabe, die Produktivität zu steigern. So ist Zahl der produzierten Fahrzeuge in Deutschland in den vergangenen vier Jahren um über eine Million Fahrzeuge gesunken, während die Beschäftigung nahezu gleich geblieben sei.

Dennoch müsse weiter investiert werden, um Innovationen voranzutreiben und Produkte auf den Markt zu bringen, die die Kunden begehrten. "Wir haben in diesem Jahr 14 Milliarden Euro nur bei den Pkw in Forschung und Entwicklung gesteckt, die Hälfte davon fließt nach Deutschland", so Källenius. Dies mache man nur, wenn man auch an den Standort glaube.