VW kündigt Agenturvertrag noch 2024

VW macht beim Abschied vom Agenturmodell Tempo: Eben erst nahm Deutschland-Vertriebschef Achim Schaible das Ergebnis der bis Ende März angekündigten konzernweiten Überprüfung des Agenturmodells für VW vorweg, nun folgt schon die Kündigung der Agenturverträge für E-Autos:

In einem internen Schreiben an die Händler, das der Automobilwoche vorliegt, kündigte Schaible an, dass die Elektro-Agenturverträge bei VW noch vor Jahresende gekündigt werden. "Um die vertraglich festgeschrieben Fristen zu wahren, müssen wir den Volkswagen Agenturvertrag für MEB- und PPE-Fahrzeuge noch in diesem Jahr formal mit einer Frist von 12 Monaten beenden, indem wir die Re-Integrationsklausel anwenden", heißt es in dem Schreiben.

Schon zum 1. Januar 2026 würden damit die "Vertragsprodukte" des Agenturvertrags "Vertragsprodukte" des Händlervertrages. Man habe erkennen müssen, dass die Rahmenbedingungen heute andere geworden seien als beim Start des Agenturmodells im April 2020 und die Marktentwicklung anders verlaufen sei als prognostiziert. Der Händlervertrag selbst bleibt unangetastet.

"Zwei parallele Vertriebssysteme sind langfristig aufgrund der hohen Komplexität keine Lösung. Wichtig ist: Wir brauchen ein einfaches und effizientes Modell für den Handel", sagte jüngst auch VW-Vertriebsvorstand Martin Sander im Gespräch mit der Automobilwoche.

Neben der Komplexität dürften aber auch finanzielle Aspekte eine Rolle gespielt haben, betonen Händler. "Volkswagen hat gemerkt, dass ihnen in der Agentur die Kosten auf die Füße fallen. Im Vertriebssystem mit den Verbrennern haben die Händler alle Lagerfahrzeuge in den Büchern. Bei BEV hat sie Volkswagen. Das belastet natürlich die Bilanz des VW-Konzerns enorm", sagt ein Händler, der seinen Namen lieber nicht nennen möchte.

Hinzu kamen Streit über den Umgang mit Gebrauchtwagen sowie die Vergütung. Volkswagen Pkw zahlte für jedes vermittelte Elektroauto eine fixe Marge von vier Prozent sowie eine flexible Vergütung von zwei Prozent. Aus Händlersicht ist das zu wenig. Zumal der Hersteller versprochene Entlastungen bei seinen Partnern nicht umgesetzt hat.

Entsprechend forderten VW-Partner eine Agentur-Vergütung von sechs Prozent fix und weitere drei Prozent flexibel. "Vier Prozent Provision sind kein Anreiz für Händler, E-Autos zu verkaufen. Es hat nicht lange gedauert, bis sich diese Erkenntnis durchgesetzt hat", sagt der Händler mit Blick auf den radikalen Kursschwenk.

Dass die Vergütung bei E-Autos künftig das Niveau von Verbrennern erreichen wird, glaubt mancher angesichts der derzeitigen Krise und dem Sparkurs in Wolfsburg aber nicht. Genau das sei aber notwendig, meint der VW-Partner: "Ich hoffe darauf, dass die Volkswagen-Partner die gleiche Marge bekommen wie für die Verbrenner und nicht versucht wird, die Marge zu kürzen." Damit wieder Dynamik in den Absatz komme, seien eigentlich 15 Prozent Grundmarge nötig.

Eine vergleichbare Ankündigung wie bei VW gibt es bei der Premium-Schwester Audi dem Vernehmen nach aktuell nicht. Die Marke war erst im März 2024 in ein Agenturmodell nach Vorbild von VW gestartet. Dass man in Ingolstadt angesichts des Exits bei VW mit der Kündigung aber noch lange wartet oder gar zu einer anderen Bewertung der Agentur kommt, scheint unwahrscheinlich.

Mit dem Aus für das Agenturmodell folgt Volkswagen einer branchenweiten Entwicklung. Mit Ausnahme von Mercedes und BMW haben alle Hersteller ihre Agenturpläne gestrichen, beispielsweise Ford sowie Jaguar Land Rover. Andere haben es auf die lange Bank geschoben wie Stellantis.

Maßgeblich verantwortlich für den Agentur-Rollback bei Ford soll Gerüchten zufolge der damalige Ford-Deutschlandchef Martin Sander gewesen sein. "Die Rückkehr zum Händlermodell haben wir Martin Sander zu verdanken", mutmaßt der VW-Händler daher.

Einhellige Freude über die Rückkehr zum klassischen Vertriebsmodell gibt es unter den Volkswagen-Partnern indes nicht. Es gibt auch wehmütige Stimmen. Ein großer Volkswagen-Konzernhändler sagte unlängst im vertraulichen Gespräch mit der Automobilwoche, er sei durchaus ein Verfechter der Agentur. Der Hersteller hätte sich nur bei der Umsetzung mehr Zeit lassen und sich besser vorbereiten müssen. Es habe an vielen Stellen das Verständnis dafür gefehlt, was die Händler tagtäglich operativ leisten.

Bei Cupra indes bleibt nach aktuellem Stand das Agenturmodell weiter erhalten. Bei VW Nutzfahrzeuge und Skoda war die Einführung der Agentur kurz vor dem Start abgesagt worden.

Der seit Jahren etablierte Agenturvertrieb sowohl für Verbrenner als auch E-Autos im Geschäft mit Großkunden bleibt ebenfalls erhalten. "Bei Volkswagen ist das Agenturmodell im Flottengeschäft bereits seit 20 Jahren ein großer Erfolg. Damit sind sowohl die Händler als auch wir als Hersteller sehr zufrieden. Daher ist klar: Wir wollen das System im Flottengeschäft europaweit ausrollen", sagte Sander Ende November der Automobilwoche.