Gebrauchtwagen: Preise pendeln sich ein – nur bei E-Autos nicht

Während der Neuwagenmarkt weiter in der Krise steckt, geht es bei Gebrauchtwagen kräftig aufwärts. Zwar ist der Markt mit rund 6,5 Millionen Besitzumschreibungen noch ein Stück von früheren Bestmarken entfernt, doch zumindest bei den Preisen scheint der Markt sein neues Normal gefunden zu haben.

Denn nach den Kapriolen der Vorjahre haben sich die Preise 2024 europaweit nur noch leicht nach unten bewegt. Um 3,3 Prozent sanken die Transaktionspreise für Gebrauchtwagen im Vergleich zum Vorjahr. Das belegt der aktuelle Gebrauchtwagen-Preisindex des Branchenriesen Auto1. Dieser sank binnen Jahresfrist von 142 auf 137 Zähler. Seinen Höchststand hatte der Index im Juli 2022 mit 172 Punkten.

Aktuell seien die Preise etwa 17 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau, erklärt Denis Belan, der als Geschäftsführer von Auto1.com das B2B-Geschäft des Konzerns verantwortet. "Das ist auf fünf Jahre betrachtet kein außergewöhnlicher Wert", urteilt er.

Zudem habe es seit März keine signifikanten Ausschläge mehr gegeben. "Angebot und Nachfrage sind wieder in Harmonie", so Belan. Auch die Gebrauchtwagenplattform Autoscout24 konstatierte unlängst "eine allmähliche Normalisierung des Marktes". Mit anderen Worten: Die Zeit der Preiskorrekturen auf breiter Front sind passé.

"Ich rechne damit, dass die Gebrauchtwagenpreise 2025 in Summe stabil bleiben und höchstens im Rahmen der Inflation steigen", prognostiziert Belan. Eine Auto1-Umfrage unter mehr als 7.000 Autohändlern stützt diese These. 56 Prozent der Händler erwarten stabile oder steigende Preise, in Deutschland sind es rund 54 Prozent.

Einzige Ausnahme von diesem Trend sind gebrauche E-Autos. "Es gibt eine Preisdynamik nach unten", sagt Belan. Das hat im Wesentlichen drei Gründe:

1. Viele Verbraucher lehnen E-Autos grundsätzlich ab. In einer aktuellen Erhebung der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) gaben 88 Prozent der Autohändler an, diese stießen nur auf geringes Interesse. Und mehr als drei Viertel der Autohändler konstatierten, sie könnten diese nur mit starken Nachlässen verkaufen.
2. Trotz geringem Interesse steigt das Angebot: 2023 erreichten die BEV-Neuzulassungen ihren bisherigen Rekordwert. Viele der damals geleasten Autos werden ab 2025 zurückgegeben.
3. Um ihre CO2-Ziele zu erreichen, müssen Hersteller den Anteil der E-Autos an ihren Verkaufszahlen erheblich steigern. Das geht oft nur über Rabatte. Und sinkt der Preis für Neuwagen, drückt das auch die Preise für Gebrauchte.

Schon jetzt sind gebrauchte E-Autos deutlich günstiger als vergleichbare Verbrenner. Laut DAT erzielen dreijährige Benziner derzeit im Schnitt 64 Prozent des ursprünglichen Listenpreises, BEV hingegen nur 51.

Zum Ausmaß der Entwicklung wagt Belan keine Prognose. "Wie groß der Preisverfall bei E-Autos ausfallen wird, lässt sich nicht abschätzen. Seit es E-Autos gibt, gab es noch nie eine vergleichbare Situation mit einem solchen Überangebot."

Dass die Abschläge aber durchaus kräftig ausfallen könnten, legt Ajay Bhatia, CEO der Gebrauchtwagenplattform Mobile.de nahe. Im Interview mit der Automobilwoche verwies er unlängst darauf, dass E-Autos laut Marktforschung 22 Prozent über dem lägen, was Verbraucher im Schnitt zu zahlen bereit seien.

Gerade für Auto1 könnte die Entwicklung durchaus vorteilhaft sein: Je schwieriger es Herstellern, Banken und Händlern fällt, über eigene Kanäle Abnehmer für gebrauchte E-Autos zu finden und je höher der Druck, die Fahrzeuge angesichts weiter sinkender Preise schnell vom Hof zu bekommen, desto höher die Bereitschaft, die Autos in die B2B-Vermarktung über Auktionsanbieter wie Auto1 zu geben.

Auto1 blickt schon 2024 auf ein glänzendes Jahr zurück. Bis Ende des dritten Quartals stieg das europaweite B2B-Handelsvolumen um 25 Prozent auf 453.000 Autos. Inklusive der Retail-Sparte Autohero standen 507.000 Fahrzeuge (plus 26 Prozent) zu Buche (Die Zahlen des Gesamtjahrs liegen noch nicht vor, der Ausblick lag zuletzt bei 665.000 bis 679.000 Autos).

Zum Vergleich: Die Zahl der Besitzumschreibungen insgesamt stieg 2024 in Deutschland um 7,4 Prozent. Und im aktuellen Tempo soll es auch weitergehen. "Wir möchten auch weiterhin eine hohe Wachstumsdynamik beibehalten", sagt Belan.