Design ist mehr als das einfache Zusammenfügen von Formen und Linien. Es vermittelt die Markenausrichtung auf den ersten Blick. Gerade im Falle von Marken mit langer Historie und ikonischen Modellen ist es für Designer immer wieder eine Herausforderung, Tradition und Moderne in Einklang zu bringen.
Wie verändern nun die Kern-Markenwerte, aber auch zunehmende Nachhaltigkeitsanforderungen die Zukunft des Designs? Und welche neuen Freiheiten erlaubt die Elektromobilität bei der Fahrzeuggestaltung? Das verrät im Interview Volkswagen-Designchef Andreas Mindt.
Herr Mindt, wenn Sie auf die lange Geschichte der Volkswagen-Modelle zurückblicken: Welches ist aus Ihrer Sicht die Design-Ikone der Marke?
Ganz eindeutig der Käfer. Er funktionierte tadellos – das war seinerzeit alles andere als selbstverständlich – und war gleichzeitig hoch emotional. Sonst wäre er niemals zur Ikone der Hippie-Bewegung geworden. All das verkörpert auch das Käfer-Design. Er steht sehr stabil auf der Straße, wirkt aber gleichzeitig sympathisch. Damit ist und bleibt der Käfer Vorbild für alle Volkswagen, die wir heute auf die Räder stellen. Im Käfer stecken die kompletten Gene des Volkswagen-Designs.
Aber doch nicht nur im Käfer, oder?
Nein, das gilt im selben Maße auch für den Golf. Der Golf I hat diese Design-DNA vollständig in die Moderne überführt. Der Golf ist genauso prägend für unsere Design-DNA wie der Käfer.
Woran denken Sie genau, wenn Sie von Volkswagens Design-DNA sprechen?
Was unsere Design-DNA in erster Linie ausmacht, sind innere Werte. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Schon der Käfer rollte in Modulbauweise auf die Straße. Nebenaggregate waren abnehmbar am Motor, andere Teile an der Karosserie verschraubt. Heute bauen wir unsere Autos immer noch auf Basis diverser modularer Baukästen. Das ist zwar nicht mehr direkt vergleichbar, aber die Denkweise ist immer noch dieselbe.
Wie lässt sich das Erbe der Marke Volkswagen über das Design in die Zukunft übertragen?
Unsere Markenwerte spielen für uns auch in Zukunft eine besonders wichtige Rolle. Auf ihrer Basis wollen wir wieder gestalterisch progressiver werden, so wie es auch Käfer und Golf in ihrem historischen Kontext waren. Wir sprechen also nicht von einem klassischen Ansatz. Was auch bedeutet, dass die Zeiten des Retrodesigns bei Volkswagen vorbei sind.
Wie können diese Werte in konkreten Gestaltungselementen sichtbar werden?
Der stabile Fahrzeugauftritt ist auch in Zukunft überaus relevant für das Design der Marke Volkswagen. Ich denke an ein stabiles Verhältnis Rad zu Körper, ich denke an nicht nur optisch gespannte, volle und kräftige Flächen. Ich denke auch an einen schlanken Fahrzeugkörper kombiniert mit einer breiten Spur. All das sorgt für optische und physische Stabilität sowie für viel Energie und Dynamik im Design.