Schuldenlast: Webasto bekommt Vorstand für Restrukturierung

Johann Stohner von der Unternehmensberatung Alvarez & Marsal wird beim stark verschuldeten Zulieferer Webasto den Vorstand erweitern. Er übernimmt zum 15. Januar die Position des Chief Restructuring Officer (CRO). Er wird bei Webasto den Umbauprozess steuern und verantworten.

Nach Angaben des Zulieferers haben Aufsichtsrat und Vorstand des Anbieters von Dachsystemen, Standheizung und Batteriemodulen in enger Abstimmung mit den Eigentümerfamilien und kreditgebenden Banken diese Entscheidung getroffen.

Auf dem Zulieferer lasten Schulden von mehr als einer Milliarde Euro. Das Unternehmen steht schon seit längerem bei den finanzierenden Banken unter Beobachtung.

Holger Engelmann, Vorstandschef der Webasto SE, begrüßt die Ernennung des CRO. Mit dem Anfang 2024 eingeleiteten Optimierungsprogramm sei das Unternehmen auf einem guten Weg gewesen, allerdings hätten sich die Rahmenbedingungen der Automobilindustrie im zweiten Halbjahr "weiter deutlich verschlechtert, so dass wir uns aus der Gesamtverantwortung für die Zukunftssicherung des Unternehmens und mit allen relevanten Stakeholdern für die Einleitung einer Restrukturierung entschieden haben".

Webasto müsse seine Kapazitäten in Produktion und Entwicklung "weiter konsequent an die veränderte Lage anpassen“ und seine Organisation insgesamt verschlanken sowie das Produktangebot schärfen. Der Zulieferer arbeite bereits seit einigen Wochen "sehr intensiv mit Herrn Stohner zusammen".

Stohner verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Neuausrichtung von Unternehmen und hat zahlreiche Restrukturierungsprojekte bei mittelständischen Unternehmen und börsennotierten Konzernen geleitet.

Mit Abschluss der Stabilisierungsvereinbarung am 23. Dezember 2024 habe Webasto gemeinsam mit seinen Kernbanken, Gläubigern von Schuldscheindarlehen (anleiheähnliche, langfristige Großkredite) sowie bilateralen Finanzierern einen wichtigen Meilenstein für die zukünftige Finanzierung des Unternehmens erreicht, erklärte Stohner. Und weiter: "Jetzt arbeiten wir mit Hochdruck an der Ausarbeitung eines umfangreichen Restrukturierungskonzepts."

Über die im Vorjahr eingeleiteten Aktivitäten hinaus erarbeitet das erweiterte Vorstandsteam in Zusammenarbeit mit Aufsichtsrat und Betriebsrat bis Anfang des zweiten Quartals 2025 zusätzliche Restrukturierungsmaßnahmen.

In den vergangenen Jahren haben sich etliche Zulieferer auf Druck der Banken einen CRO ins Haus geholt, um die finanzielle Situation bei den Unternehmen zu stabilisieren. So schlug der Sanierungsexperte Hans-Joachim Ziems gleich zweimal beim Kabel- und Bordnetzspezialisten Leoni auf. Arno Haselhorst wirkte als CRO bei Benteler und Ifa und verstärkte zudem beim österreichischen Bordnetzspezialisten GG Group die Geschäftsführung.

In den vergangenen Jahren gab es mehrfach Turbulenzen bei Webasto, das 2023 rund 4,6 Milliarden Euro Umsatz erzielt hatte. 2021 hatte der misslungene Anlauf des Dachprojekts Ford Bronco in den USA den Zulieferer mehr als 200 Millionen Euro gekostet.

Anfang 2024 hatte das Unternehmen nach zweijähriger Suche einen Investor für sein defizitäres Ladegeschäft gefunden. Der US-Finanzinvestor Transom Capital übernahm die Mehrheit an der Sparte. Engelmann hatte als Grund für den Verkauf auf knappe Ressourcen des Unternehmens verwiesen.

Allerdings hatte sich Webasto mit den Ladelösungen auch in unbekannte Geschäfts-Gefilde begeben. Der Zulieferer erzielte mit seinem Ladegeschäft 2022 rund 92 Millionen Euro Umsatz  – der operative Verlust betrug jedoch 82 Millionen Euro. Um resilienter zu werden, will sich das Unternehmen auf Fahrzeugdächer und Batteriesysteme fokussieren. Zudem hatte Engelmann angekündigt, jede zehnte Stelle der weltweit mehr als 16.000 Mitarbeiter der Gruppe streichen zu wollen.

Darüber hinaus hat das Unternehmen mit verstärktem Wettbewerb zu kämpfen. So wurden im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres zwei von neun Werken geschlossen.

Die rund 570 Mitarbeiter des Standortes in Gilching (Bayern) für Global Comfort Solutions und thermische Systemprodukte müssen umziehen: Der Standort wird geschlossen, die Mitarbeiter werden jedoch in der Stockdorfer Zentrale weiterbeschäftigt. Zudem hatte Webasto den Abbau von 218 Mitarbeitern in Werken im US-Bundesstaat Michigan angekündigt.