Transformation setzt Händler stark unter Druck

Audi streitet mit seinen deutschen Händlern weiter über die Ausgestaltung der Agenturverträge für E-Autos. "Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Jahr noch eine Einigung finden", sagte Dirk Weddigen von Knapp, Präsident Volkswagen- und Audi-Partnerverband (VAPV) bei einer Veranstaltung der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung in Düsseldorf. Bislang gebe es noch keine Einigung, aber man nähere sich an.

In der Automobilwoche hatte Audi-Europa-Vertriebschef Jens Puttfarcken jüngst angekündigt, bald mit dem Agenturmodell zu starten und das System schrittweise in ausgewählten europäischen Märkten wie Frankreich, Großbritannien und Schweden einzuführen.

Entscheidendes Problem: "Wie immer zwischen Kaufleuten streiten wir uns um die Erträge", so Weddigen. Bei der Kernmarke Volkswagen Pkw zahlt der Hersteller seinen Partner für die Vermittlung eines Elektroautos eine fixe Provision von vier Prozent plus zwei Prozent flexibel. Aus Sicht der Händler ist dies viel zu wenig. Eine ähnliche Größenordnung strebt wohl auch Audi an.

Viele Händler sehen dies als zu wenig an. Zumal die Transformation ihnen deutlich zusetzt. Derzeit machen sie rund 80 Prozent der Geschäfte in der Werkstatt und etwa 20 Prozent im Vertrieb. Beides gerät zunehmend unter Druck. Im Rahmen der Umstellung auf das Agenturmodell kürzen die Hersteller meist deutlich die Vergütung im Neuwagenvertrieb.

Schlimmer noch: Die Hersteller greifen auch nach dem Gebrauchtwagengeschäft. Allen voran die Volkswagen Financial Services. Die Finanzsparte des VW-Konzerns will auf dem europäischen Gebrauchtwagenmarkt der größte Player werden. Dafür stehen die Chancen gut: Denn das Agenturmodell sichert dem Konzern den Zugriff auf die Rückläufer aus dem Leasinggeschäft.

Zum Nachteil für die Kunden, so Weddigen: "Diese werden zum Teil nicht mehr Zugriff auf ihre Leasingfahrzeuge haben." Statt die Fahrzeuge über den Händler vor Ort anzubieten, strebe Volkswagen eine zentrale Gebrauchtwagenvermarktung an. Das Fahrzeug wird dann in das europäische Land transportiert, wo sich der Hersteller den besten Preis sichern kann.

Noch stärker wird der Druck für die Betriebe in den Werkstätten. Weniger Ersatzteile, weniger Reparaturen, weniger Inspektionen. Gewinnbringer wie das Ölgeschäft fallen bei Elektroautos nahezu komplett weg. Zwar dauert die Umstellung noch einige Jahre, wird dann aber umso massiver. Weddigen rechnet, dass bis zu 70 Prozent weniger Geschäfte im Service gemacht werden. Eine Chance biete allenfalls das Reifengeschäft.

Auf die Herausforderungen muss jeder Händler seine eigene Antwort finden: "Die einen reizen das alte Geschäftsmodell voll aus, die anderen entwickeln neue Geschäftsmodelle", sagte Weddigen. Chancen gibt es für die Autohäuser im Umfeld der Elektromobilität von der Wallbox über Photovoltaik bis zum Verkauf von E-Bikes.

Eine weitere Möglichkeit für die VW- und Audi-Partner sieht Weddigen im Vermietgeschäft. Derzeit haben die Händler rund 24.000 Fahrzeuge in der Vermietung. Rund ein Drittel mehr als noch vor acht Jahren.

Im Gegensatz zu den klassischen Vermietfirmen sind sie jedoch nicht an zentralen Stellen wie Bahnhöfen und Flughafen zu finden. Hier ist jedoch die VW-Tochter Europcar präsent. "Wir streben eine Kooperation mit Europcar an", so Weddigen.

Doch für viele, vor allem kleinere Betriebe wird dies wohl auch künftig nicht reichen. Schon in den vergangenen Jahren schrumpfte das VW-Netz deutlich. 2015 hatte es in Deutschland noch rund 1250 VW-Autohäuser gegeben. Nach Dieselskandal und Vertragskündigung blieben Ende 2020 noch etwa 850 Händlerbetriebe übrig. Bis Ende März, dann läuft bei einigen Händlern ein befristeter Vertrag aus, soll deren Zahl auf rund 740 sinken. Hinzukommen etwa 1000 Werkstätten.

Weddigen geht davon aus, dass künftig nicht mehr so viele Betriebe gebraucht werden. "Kleinere Firmen können sich in Wettbewerbslagen kaum halten, sie müssten sich zusammenschließen, neue Geschäftsfelder erschließen oder, wenn dies nicht gelingt, schließen." Jüngst hatten vier VW-Betriebe angekündigt, künftig zusammenzuarbeiten. Deren Beispiel werden weitere folgen, erwartet der Präsident des VW-Händlerverbands. Dann bleiben die Unternehmer zwar Unternehmer, aber fungieren künftig als Gesellschafter. Sie wechseln also die Funktion.

Zur künftigen Netzgröße äußerte er sich nicht. Entscheidender für Händler wird, den Fokus auf die Kosten zu richten und ihre Flächen zu optimieren. "Man muss sich mit seinen Immobilien neu beschäftigen." Der Händler werden zunehmend zum Immobilienbetrachten.