Schon einmal gab es den Versuch, den Volkswagen-Konzern das Porsche-Gen einzuimpfen. Zusammen mit dem damaligen Chef Wendelin Wiedeking plante Familienchef Wolfgang Porsche, genannt WoPo, ab dem Jahr 2005 die Übernahme der Mehrheitsanteile in Wolfsburg. Beinahe wäre der Plan aufgegangen, doch am Ende stellte sich Volkswagen-Chef Ferdinand Piech gegen seinen Cousin und Wiedeking. Porsche ging das Geld aus, die Übernahmeschlacht war 2009 verloren. Am Ende flossen bei einer Betriebsversammlung in Stuttgart-Zuffenhausen reichlich Tränen. Der "Mythos Porsche wird niemals untergehen", sagte Wopo damals noch, bevor sich der Volkswagen-Konzern den ertragreichen Sportwagenhersteller aus Stuttgart einverleibte.
Die Ablösung von VW-Chef Herbert Diess durch Oliver Blume kann deshalb zugespitzt auch als ein später Triumph von Wolfgang Porsche interpretiert werden. Der hat in den vergangenen Monaten gleich mehrere lang verfolgte Ziele erreicht. Mit dem geplanten Börsengang von Porsche bekommt die Volkswagen-Tochter endlich wieder mehr Freiheiten und wird wieder als eigenständiges Unternehmen wahrgenommen. Zwar besitzt der Konzern weiter 75 Prozent der Anteile. Aber weil mit Blume zugleich der Chef von Porsche auch den Konzern führt, ist gewährleistet, dass die Stuttgarter Interessen angemessen berücksichtigt werden. Und mit der Installation seines Ziehsohns in Wolfsburg kann WoPo endlich darauf hoffen, die aus einer Sicht verkrusteten Strukturen aufzubrechen und das Unternehmen schlanker aufzustellen – ganz nach dem Vorbild des Sportwagenherstellers, der seit Jahren für Wolfsburg das Geld verdient.
Konzernchef Herbert Diess, der von Anfang an ein Chef auf Bewährung war, ist am Ende vor allem über seine Unfähigkeit gestolpert, die Software-Entwicklung in den Griff zu bekommen. Wie so oft bei Diess klafften vollmundige Ankündigungen und praktische Umsetzung weit auseinander. Im Februar hatte er für die zuständige Tochter Cariad die volle Verantwortung übernommen. Doch die Probleme wurden immer schlimmer. Vor allem bei Porsche und Audi wuchs der Unmut über das Chaos, weil wichtige Fahrzeugprojekte wie der elektrische Macan und der verwandte Q6 immer stärker in Verzug gerieten. Auch Leuchtturmprojekte wie Artemis von Audi und Trinity von VW kommen deutlich später als geplant. Ein fatales Signal, denn die Beherrschung der Software ist einer der Schlüsselfaktoren für die Zukunft der Autoindustrie. WoPos Ziehsohn Blume wird sich daran messen lassen müssen, ob der Konzern hier gegenüber der Konkurrenz nicht den Anschluss verliert.