Im Moment schwächelt der Elektrohochlauf. Wie stellen Sie sich darauf ein?
Wir sind im ersten Halbjahr 2023 bei unseren rein elektrischen Pkw um 121 Prozent gewachsen. Für uns fühlt es sich nicht langsam an. Bei einer derart fundamentalen Transformation kann man jedoch kein vorhersehbares, lineares Verhalten erwarten. Vielleicht erreichen wir den Kipppunkt etwas später. Wir müssen jedenfalls in der Position sein, dass wir darauf reagieren können. Wenn nicht, wäre das Risiko für ein Unternehmen sehr hoch. Wenn wir investiert sind und die Dynamik kommt etwas später, dann ist das verkraftbar.
Auf der Hauptversammlung haben Sie ihre selbst gesteckten Etappenziele nach hinten verschoben. Warum?
Wir haben immer gesagt, bis Mitte der Dekade wollen wir bis zu 50 Prozent reine E-Autos und Plug-Ins erreichen. Wir gehen jetzt davon aus, dass es eher 2026 wird. Wir können uns nicht völlig von der Entwicklung der Märkte entkoppeln. Aber ein Jahr mehr oder weniger ist auch nicht wirklich entscheidend. Viel wichtiger ist es, jetzt den Kapitaleinsatz zu kontrollieren. Wir haben vier Elektro-Architekturen in der Entwicklung. Damit machen wir uns bereit für weiteres und auch exponentielles Wachstum bei elektrischen Fahrzeugen.
Die Kosten für die Batterien sinken nicht wie prognostiziert. Wie wollen Sie das kompensieren?
Ja, die variablen Kosten eines E-Autos werden noch längere Zeit über denen eines Verbrenners liegen. Wir müssen also weiter an unseren Fixkosten arbeiten und an unserem Mitteleinsatz. Nach der Einführung von Euro 7 werden die Investitionen in Diesel und Benziner deutlich sinken. Beim Personal geht das über die Demografie, dazu steigern wir die Produktivität in den Werken. Gleichzeitig wollen wir die Einnahmen aus den digitalen Diensten erhöhen, die es vorher ja nicht gab. So wollen wir uns robust für die Zukunft aufstellen.
Ist China ein Markt, wo Sie bei den E-Autos mit mehr Dynamik gerechnet haben?
Wir wachsen hier seit ein paar Monaten dynamisch, aber die Basis ist noch vergleichsweise gering. Das meiste Wachstum bei Elektroautos ist in China im Einstiegs- und im Volumensegment zu beobachten. Da floss auch die meiste Förderung. Weil sich hier neue Spieler etablieren wollen, herrscht ein unglaublicher Preiskampf. Im oberen Marktsegment, das für Mercedes-Benz entscheidend ist, befindet sich der Markt erst in der Anfangsphase. Im Luxussegment setzen viele hier weiterhin auf die S-Klasse mit einem High-Tech-Verbrenner.
Also keine Preissenkungen wie zuletzt bei Tesla?
Man kann sich immer Marktanteil erkaufen, aber im Sinne eines profitablen Wachstums ist hier strategische Geduld erforderlich. Für unsere nächste Welle der Elektrooffensive, die ab 2025 mit den neuen E-Architekturen beginnt, steht China absolut im Zentrum. Wir müssen dabei den elektrischen Antrieb ebenso perfekt beherrschen wie die Digitalisierung. Das erwarten unsere Kunden. Klar ist, dass wir uns nicht ausruhen können auf unserem Erfolg mit den heutigen Fahrzeugen.