Der Krieg in der Ukraine stoppt fast die gesamte Automobilproduktion in Deutschland. Die fehlenden Kabelbäume aus der westlichen Ukraine sorgen in nahezu allen Werken des Landes für Schichtausfälle und Kurzarbeit. Jan Dannenberg, Analyst und Partner des Strategieberaters Berylls in München, sagte der Automobilwoche: "Etwa 80 Prozent der relevanten Kabelkonfektionierer in Europa haben Werke in der Ukraine. Wenn die Hauptkabelstränge fehlen, kann das Fahrzeug nicht produziert werden, denn das Erste, das in einer Rohkarosse verbaut wird, ist der Kabelstrang. Eine nachträgliche Montage ist praktisch unmöglich."
Putins Krieg stoppt deutsche Werke
Die Lieferketten aus der Ukraine sind aufgrund des Krieges gerissen. Davon sind fast alle deutschen Produktionsstandorte betroffen. Tausende Mitarbeiter sind in Kurzarbeit.
Volkswagen: Europas größter Autobauer stellt die Fertigung im Stammwerk Wolfsburg ab diesem Montag komplett ein. Die Bänder stehen diese und nächste Woche still. In Zwickau, wo die so wichtigen elektrischen ID-Modelle vom Band laufen, befinden sich seit der vergangenen Woche bereits Tausende Mitarbeiter in Kurzarbeit. Dies soll laut Konzernangaben auch noch bis zum 18. März so bleiben. Etwas besser sieht es noch bei VW in Emden aus. Auf Anfrage der Automobilwoche bestätigte eine Sprecherin, die Produktion sei nach aktuellem Stand bis zum 18.März gesichert.
Audi: In den Werken in Ingolstadt und Neckarsulm laufen in dieser Woche ebenfalls kaum noch Fahrzeuge vom Band. Montagelinien für A4/A5 (Ingolstadt) und A6/A7 (Neckarsulm) stehen. Selbst die Manufaktur in den Böllinger Höfen (Produktion R8 und e-tron GT), die während der Hochphase der Chipkrise noch stets priorisiert mit Halbleitern versorgt wurde und so kaum Ausfälle zu verzeichnen hatte, steht vorerst bis zum 18. März still.
Mercedes-Benz: Die Schwaben leiten nach Informationen der Automobilwoche innerhalb ihrer Lieferketten verstärkt Teile um, damit die Produktion aufrechterhalten werden kann. Von Einschränkungen in der Fertigung betroffen sind aber bereits die Luxus-Modelle S-Klasse und EQS. Zu einem kompletten Ausfall der Produktion sei es bei Mercedes aber nach Angaben eines Konzernsprechers bisher nicht gekommen.
BMW: Seit der knappen Halbleiter-Versorgung im vergangenen Jahr stiegen die Münchner zum Vorbild für die Branche auf: Sie kamen weit besser durch die Krise als ihre Konkurrenten. Der Krieg in der Ukraine sprengte aber auch die Lieferketten des bayerischen Premiumherstellers. Im Stammwerk in München sowie im größten europäischen Werk in Dingolfing steht die Produktion in dieser Woche komplett. Auch bei Mini in Oxford werden keine Autos mehr gebaut.
Porsche: Im Werk Leipzig besteht vorerst bis zum Ende dieser Woche ein Produktionsstopp. Für die betroffenen 2500 Mitarbeiter beantragte der Sportwagenhersteller Kurzarbeit. Etwas besser sieht es noch im Stammwerk Zuffenhausen aus. Noch läuft die Fertigung unter anderem für den 911 und weitere Baureihen.
Die Werke von Opel in Rüsselsheim und Eisenach sowie von Ford in Köln und Saarlouis sind wegen des Chipmangels ohnehin schon länger von Produktionsausfällen betroffen. Erwartet wird, dass die Lage sich weiter verschlechtert. Einigkeit besteht bei allen Herstellern im Hinblick auf den Export von Fahrzeugen auf den russischen Markt und die Produktion vor Ort. Von den rund 1,6 Millionen verkauften Autos inRussland kamen 2021 knapp 1,1Millionen von ausländischen Marken – der achtgrößte Absatzmarkt der Welt. Infolge des russischen Angriffs und der verhängten Sanktionen kündigten aber alle großen Hersteller an, Werke zu schließen und keine Fahrzeuge nach Russland zu exportieren.
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