"Mit Opel gutes Geld verdienen"

Andreas Marx ist Opel treu. Seit 1997 ist er an Bord und hat sich im Vertrieb und Marketing hochgearbeitet. Zuletzt leitete er Produktmanagement und Pricing. 2020 übernahm er dann die Verantwortung für den Heimatmarkt.

Herr Marx, wie steht es um das Verhältnis von Opel zu seinen Händlern?

Wir haben eine partnerschaftliche und gute Zusammenarbeit. Wir wollen wachsen und gemeinsam mit unseren Partnern den Marktanteil von Opel steigern. Es gibt derzeit viele Fragen, auf die wir zusammen Antworten ­finden müssen, um Profitabilität und Kundenzufriedenheit zu sichern.

Beim jüngsten MarkenMonitor des IfA-Instituts ist Opel erneut auf den hinteren Plätzen gelandet. Was muss geschehen, damit die Händler ein besseres Zeugnis ausstellen?

Hier muss man unbedingt in die ­Detailergebnisse einsteigen. Ich gebe Ihnen da zwei Beispiele: In der Rubrik Marke und Produkt konnten wir positiv zulegen. Das zeigt, dass unser Produktportfolio ankommt. Wir haben unsere Modelle auf neue Plattformen umgestellt und elektrifiziert. Damit sind wir jetzt sehr wettbewerbsfähig aufgestellt. Das haben die Händler ­goutiert. Einer der am schlechtesten bewerteten Punkte ist hingegen das Gebrauchtwagengeschäft. Das kann ich auch nachvollziehen. Das war bislang immer unsere große Stärke. Durch die aktuelle Situation fehlt der Zufluss junger Gebrauchter. So gibt es beispielsweise weniger Rückläufer über Vermieter und das Mitarbeitergeschäft. Im Rahmen unserer Händler-first-Strategie fokussieren wir uns bei Neuwagen deutlich überproportional auf unsere Händler. Das hat mehr geholfen, als wenn wir die alte Balance beibehalten hätten.

Ist das die neue Devise: Händler first?

Das ist keine neue Erfindung. Ich sehe auch eine Verantwortung für die finanzielle Situation der Händler vor Ort. Es ist vertriebsseitig eine Selbstverständlichkeit, mich auf den Handel zu fokussieren und ihn zu priorisieren. So sehen partnerschaftliche Gemeinschaft und Zusammenarbeit aus.

Wird Opel beim MarkenMonitor nächstes Jahr weiter oben stehen?

Ich gehe fest davon aus.

Wo sehen Sie Opel 2030?

Ich habe meine Aufgabe mit drei Kern-Ambitionen angetreten. Ambition eins: Wir wollen unseren Marktanteil von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr steigern. Ambition zwei: Der Marktanteil bei elektrifizierten Fahrzeugen soll über dem von Verbrennern liegen. Und Ambition drei: Wir wollen die Marktführerschaft bei elektrifizierten leichten Nutzfahrzeugen. Punkt eins haben wir 2021 sehr gut geschafft. Der Corsa ist sowohl elektrisch als auch als Verbrenner in seinem Segment die Nummer eins, der Mokka die Nummer drei und elektrifiziert sogar die Nummer zwei. Mit dem Grandland und dem Astra haben wir zudem zwei neue Modelle, die erst in diesem Jahr angelaufen sind und mit denen wir Marktanteile gewinnen werden. Wir sind bereits Marktführer bei elektrifizierten leichten Nutzfahrzeugen. Das ist zwar noch ein kleiner Markt, aber dieser wird sehr schnell wachsen. ­Daher ist es gut, wenn wir hier von ­Anfang an ganz vorne mit dabei sind.

Welche Zielmarken wollen Sie mit diesen Ambitionen 2030 erreicht haben?

Jedes Auto, das wir im Angebot haben, soll in seinem jeweiligen Segment ­einen Podiumsplatz einnehmen – unabhängig von der genannten Jahreszahl.

Das ist sportlich. Wie viele Händler brauchen Sie dafür?
Wir brauchen unsere Partner vor Ort. Nicht nur für den Service, sondern weil es immer Kunden geben wird, die zwischen der Online- und Offline-Welt hin und her springen wollen. Um das erfolgreich handhaben zu können, ­führen wir ja auch das Agenturmodell ein. Im Rahmen unserer Mehrmarkenstrategie schauen wir aktuell, wo es starke Stellantis-Partner gibt, die wir noch für Opel gewinnen können. Im Umkehrschluss bieten wir starken Opel-Partnern an, weitere Stellantis-Marken in ihr Portfolio aufzunehmen. Das ist für die Händler ein absoluter Gewinn, weil sie dadurch Skalen­effekte realisieren können. Beispielsweise, weil sie im Service für verschiedene Fahrzeuge unserer Konzern­marken ein und dasselbe Diagnose­gerät verwenden können.

Klingt, als wollten Sie das Händlernetz in seiner Größe erhalten. Wie passt das zu Berichten, wonach Sie Ihr Netz um 50 Partner verkleinern wollen?

Es ist nicht unser Ziel, unser Netz ­signifikant zu verkleinern. Wir wollen das Händlernetz qualitativ optimieren – so wie ich es eben beschrieben habe.

Wo stehen Sie aktuell bei den Verhandlungen zum Agenturmodell?

Wir sind seit vielen Monaten in sehr konstruktiven Diskussionen mit unseren Händlern und den Verbänden. Dabei besprechen wir mehrere unterschiedliche Verträge: Einmal das Agentursystem für Nutzfahrzeuge mit dem wir im Jahr 2023 starten, die Agentur für Pkw ab 2026 sowie den Händlervertrag für die Zeit bis dahin. Mittlerweile liegen die europäischen Mantelverträge vor und werden von allen Seiten geprüft und diskutiert. Darauf basierend gehen wir dann in die nächste Runde, in der wir die Details hinsichtlich der Umsetzung erörtern.

Stellantis hat in Österreich mit einer Peugeot-Agenturvergütung von 4,5 Prozent viele aufgeschreckt. Mancher fürchtet um seine Existenz. Zu Recht?

Der Business Case, der damit einhergeht, ist ja noch gar nicht für alle ­Marken und Märkte durchkalkuliert. Wir sind bei Opel noch nicht so weit, dass wir über die Vergütung sprechen. In diese Diskussion steigen wir im Herbst ein. Es muss aber eine Win-win-Situation für beide Seiten geben. Nur so wird das Agenturmodell funktionieren.

Anfang des Jahres lag die Umsatzrendite im Opel-Handel im Schnitt bei unter einem Prozent. Wo stehen Sie aktuell und wo wollen Sie hin?
Umsatzrenditen sind interne Kennzahlen, die wir nur im Vertrauen mit den Händlern austauschen.

Ist Opel-Händler zu sein eine wirtschaftlich solide Basis?
Wenn Sie in die öffentlich zugänglichen Daten von Händlern im Bundesanzeiger blicken, werden Sie deutlich erkennen, dass man mit Opel gutes Geld verdienen kann.

Viele Händler vermissen ein Einstiegsmodell unterhalb des Corsa. Können Sie diese Sehnsucht nachvollziehen und vielleicht sogar etwas ankündigen?

Das A-Segment unterhalb des Corsa ist eine herausfordernde Aufgabe. Das liegt an den kleinen Volumina, während wir gleichzeitig unzählige Sicherheitstechnologien in den Fahrzeugen verbauen müssen. Das treibt die Kosten und letztlich den Preis. Die Berechtigung des A-Segments ist aber ein sehr niedriger Einstiegspreis. Und der ist angesichts der Anforderungen schwer zu realisieren. Wir planen darum für das A-Segment keine neuen Fahrzeuge. Wir versuchen gleichwohl, mit dem Rocks-e eine jüngere Zielgruppe an die Marke heranzuführen. Damit sprechen wir junge Kunden ab 15 Jahren an, die dann mit 18 idealerweise auf den Corsa umsteigen. Unsere ersten Erfahrungen zeigen, dass das Konzept aufgehen wird.

Angesichts der aktuellen Preissteigerungen können sich viele Kunden womöglich bald kein Auto mehr leisten. Wird es für preissensible Kunden künftig noch ein Angebot geben?

Die Branche steht hier vor einer großen Herausforderung. Autos sind heute technologisch sehr fortschrittliche und sichere Produkte. Sie haben aber ihren Preis. Unsere Aufgabe wird zum einen sein, den Kunden zu erklären, warum es sich lohnt, ihr Budget in dieses Produkt zu investieren. Zum anderen müssen wir das Produkt sowie unsere Leasing- und Finanzierungsraten so attraktiv und preiswert gestalten, dass sich die Kunden den Corsa als Einstiegsfahrzeug leisten möchten. Opel steht ja ausdrücklich für ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Vor einiger Zeit hat das Landgericht Frankfurt der Klage des Opel-Händlerverbands gegen die Commercial Policy von Opel stattgegeben. Dagegen haben Sie Berufung eingelegt. Können Sie schon sagen, wie es hier weitergeht? Gibt es womöglich eine Chance auf eine außergerichtliche Einigung?

Wir haben Berufung eingelegt, weil wir eine unterschiedliche Auffassung zum Thema haben. Jetzt warten wir das Berufungsverfahren ab.

Ist das Verfahren eine Hypothek für das Verhältnis zum Handel?

Das glaube ich nicht. Wir haben unseren Marktanteil 2021 deutlich gesteigert. Das kann man nur gemeinsam schaffen.

Wie erleben Sie das Zusammenwachsen von Opel mit den anderen Marken im Stellantis-Konzern?

Das ist für uns ein absoluter Gewinn! Allein dass wir uns mit den besten Partnern der anderen Marken in Verbindung setzen können, um sie auch für Opel zu gewinnen, ist ein enormer Vorteil. Insbesondere dann, wenn wir auf der Opel-Seite Partner haben, die nicht so gut aufgestellt sind oder wir einen Standort haben, den wir neu besetzen müssen. Diese Gespräche waren früher viel schwieriger. Zudem kommen hier intern unterschiedliche Kulturen und Herangehensweisen zusammen, und man bekommt neue Ideen, wie man das eine oder andere macht. Wir haben ein Benchmarking, bei dem alle schauen, was die jeweiligen Marken besser als die anderen machen. Wir können uns im eigenen Haus umsehen, wer die besten Ideen hat und diese dann umsetzen.

Sie sitzen bei Stellantis mit 13 weiteren Marken in einem Boot. Wie gelingt es, ein eigenständiges Profil zu behalten, wo die technische Basis bei vielen Fahrzeugen ja die gleiche ist?

Wir sprechen ganz unterschiedliche Zielgruppen an. Eine Kundin, die sich für eine italienische Marke interessiert, hat nicht unbedingt auch Interesse an französischen oder deutschen Marken. Wir realisieren auf den gemeinsamen Plattformen sehr unterschiedliche Fahrzeuge. Das zeigt sich an vielen Dingen. Nehmen wir beispielsweise den Sitz: Der ist bei Opel hinsichtlich straffer Polsterung und bester Ergonomie ganz anders gestaltet als bei anderen Marken. Ein anderes Thema ist das Licht, bei dem wir großen Wert auf die neuesten Innovationen setzen. Andere Marken legen ihre Prioritäten woanders. Zusammen mit dem jeweils unterschiedlichen Design entstehen völlig verschiedene Autos. Wir stehen da klar im Wettbewerb mit den anderen Marken. Jeder hat seine Ziele, an denen er gemessen wird.

Vielen Dank für das Gespräch!

Aus dem Datencenter:

Modellvorschau Opel 2022 bis 2025