Ja was denn nun? Da nennen sie ihren neuen Sportwagen DB12 und adeln ihn zum ersten „Super Tourer“ unter den Gran Turismo – und dann beginnen sie die Romanze auf der Überholspur mit einer Enttäuschung. Denn wer sich wegen des Namens und der Definition Hoffnungen auf einen Zwölfzylinder gemacht hat, den können die Briten nicht befriedigen. Sondern wie beim Vorgänger steckt unter der langen Haube mit dem mächtig gewachsenen Grill der 4,0 Liter große V8, den die Briten beim Kooperationspartner und Minderheiteneigner Mercedes-AMG in Affalterbach einkaufen. Doch was sind schon Zahlen, wenn es um Gefühle geht, um Lust, Leidenschaft und Emotionen. Und davon hat der DB12, der in diesem Sommer zu Preisen ab etwa 225.000 Euro an den Start geht, mehr als genug zu bieten. So viele, dass der V8-Sportler mit dem V12-Namen zur vielleicht schönsten Mogelpackung der Welt wird.
Das kann man wörtlich nehmen und auf das Design beziehen, wo kein Blech unangetastet geblieben ist: Deshalb sind die Proportionen des Zweitürers jetzt noch passender, die Linien feiner und präziser und der Auftritt noch forscher, ohne dabei aggressiv zu werden. Schließlich sparen sich Briten zurecht das übliche Lametta der Leistungssportler und schneiden weder große Löcher in die Karosse, noch schnallen sie riesige Flügel drauf.
Die vielleicht schönste Mogelpackung der Welt
Anders als sein Name vermuten lässt, hat der Aston Martin DC12 keinen Zwölfzylinder unter der Haube. Trotzdem mangelt es ihm nicht an Leistung.
Aber man kann es auch im übertragenen Sinne verstehen und sich daran erfreuen, dass Aston Martin mit dem DB12 die Messer gewetzt und spürbar an Schärfe gewonnen hat. Das Spenderherz aus Schwaben legt deshalb in der Leistung um satte 30 Prozent zu und lockt nun mit 680 statt 510 PS, während das maximale Drehmoment von 685 Nm auf 800 Nm klettert. Auf der Graden reicht das jetzt für einen Sprintwert von 3,6 Sekunden und das Spitzentempo wird nun erst bei 325 km/h erreicht.
Doch mehr noch spürt man den Unterschied auf einer kurvigen Landstraße idealerweise in einem Küstengebirge. Denn erst zusammen mit der neu abgestimmten Achtgang-Automatik, adaptiven Dämpfern der nächsten Genration und dem ersten elektronischen Hinterachsdifferential in der Baureihe entfaltet der erstarkte Motor seine luststeigernde Wirkung. Er würzt den bei Aston Martin üblichen Schick mit einer Schärfe, die es so bei den Briten noch nicht gegeben hat: Präzise, bissig und pfeilschnell jagt der DB12 deshalb über die Asphalt, treibt mit jeder Kehre die Mundwinkel nach oben und fühlt sich viel handlicher an als man es bei einem Auto von 4,73 Metern erwartet. Doch egal wie wild man es auch treibt, bleibt der Bolide aus Britannien immer ein Gentleman, der kurz vor dem Grenzbereich das Messer zwischen den Zähnen herausnimmt und sich vor allem nie und nirgends aufspielt.
Zwar nimmt es der DB12 so jetzt besser denn je mit der Konkurrenz aus Italien auf und taugt tatsächlich zum Feindbild der Ferrari-Fahrer. Aber „Noblesse oblige“ und Aston Martin will auch vom Wettbewerb mit Bentley & Co nicht lassen. Im Gegenteil haben sie die Kabine deshalb noch feiner ausgeschlagen als bisher und sie obendrein besser gedämmt: Klar, wer Gas gibt, der soll den V8 schon brüllen hören – Schubbrabbeln und künstliche Fehlzündungen inklusive. Aber wer mit dem „Super Tourer“ gelassen cruisen will, der profitiert nun von besonders gut isoliertem Dämmglas und von eigens ausgeschäumten Reifen – so ruhig war Rasen selten.
Vor allem aber profitiert die Schickeria innen nun von einem neuen Infotainment: Musste der Vorgänger noch die vorletzte Command-Generation der Schwaben auftragen, fährt der DB12 mit einem selbst entwickelten System wieder auf der Höhe der Zeit. Zwar ist das Cockpit selbst vergleichsweise klein und eher aufs Armaturenbrett geschraubt als stilvoll integriert. Aber Bildschirm und Bedienung auf dem Mitteltunnel können sich endlich wieder sehen lassen.
Dass die Navigation dabei zwei Monate vor den ersten Kundenauslieferungen noch ein paar Hänger hat und der Blinker ganz furchtbar klingt, das muss sich nicht zum Problem auswachsen. Denn der DB12 ist nicht nur der neueste, sondern auch der modernste Aston Martin und bietet mit seiner Infotainment-Architektur die Option auf Updates over the air. Wobei es mit wahrscheinlich keinem Auto vorher so viel Spaß gemacht hätte, für jede Kleinigkeit in die Werkstatt zu fahren – wenn die nur weit genug weg ist und am Ende einer kurvigen Landstraße liegt.
Aus dem Datencenter: