Bremsprobleme: BMW ruft 1,5 Millionen Autos zurück und senkt Jahresprognose

BMW kappt seine Prognose für das laufende Jahr: Statt wie bisher acht bis zehn Prozent erwarten die Münchner jetzt nur noch zwischen sechs und sieben Prozent Marge vor Zinsen und Steuern im Autogeschäft.

Grund dafür ist vor allem ein großer Rückruf: Mehr als 1,5 Millionen Autos verschiedener Baureihen müssen in die Werkstätten, weil es Probleme mit dem von Continental zugelieferten "Integrierten Bremssystem" gibt. Die Probleme waren zwar schon im März bekannt geworden, damals ging es aber noch um wenige Tausend Fahrzeuge. BMW hat deshalb zuletzt keine Aufträge mehr an Conti vergeben. Continental-Aktien notierten am Dienstag deutlich im Minus.

Allein aufgrund des Rückrufs rechnet BMW im dritten Quartal mit Mehrbelastungen im hohen dreistelligen Millionenbereich. Hinzu kommt eine Auslieferungssperre für Fahrzeuge, die bisher nicht in Kundenhand sind und nun erst nachgebessert werden müssen. Die sinkende Nachfrage auf dem weltgrößten Automarkt China macht BMW ebenso zu schaffen wie den anderen Herstellern. Der kürzlich angekündigte Rückruf von 1,36 Millionen Autos dürfte die Begeisterung der chinesischen Kunden für BMW nicht steigern.

Das Management um Vorstandschef Oliver Zipse senkte zudem die Erwartungen an die Pkw-Auslieferungen und den freien Mittelzufluss in diesem Jahr. Der Absatz soll nicht mehr leicht über, sondern leicht unter dem des Vorjahres liegen. Schon im ersten Halbjahr war er nicht mehr gestiegen. Auch das Vorsteuerergebnis dürfte schlechter ausfallen als bisher veranschlagt. Die Aktie fiel nach der Mitteilung um acht Prozent.

Unter dem Integrierten Bremssystem (IBS) versteht BMW die Bündelung von Bremsbetätigung, Bremskraftverstärkung und Bremsregelung in einem Modul. Früher waren dafür mehrere Bauteile nötig. Ein elektrischer Akuator sorgt für ein konstantes Pedalgefühl unabhängig von störenden Impulsen wie nassen Straßen und hohen Bremsentemperaturen.

Durch die Probleme können auch Fahrassistenzsysteme wie ABS und ESP (bei BMW DSC) genannt) ausfallen, die über das IBS gesteuert werden. Ein Conti-Sprecher sagte dem "Manager Magazin", dass in Einzelfällen die Bremskraftverstärkung ausfallen könnte, wodurch mehr Kraft zum Bremsen nötig wäre. Nach aktuellem Kenntnisstand muss nur ein geringer Teil der Bremssysteme ausgetauscht werden.

Grundsätzlich steht BMW im Vergleich mit der Konkurrenz gut da: Im ersten Halbjahr haben sie den Absatz um 2,3 Prozent auf 1,9 Millionen Autos gesteigert und die Rivalen Mercedes und Audi damit einmal mehr hinter sich gelassen. Vor allem bei den zukunftsträchtigen Elektroautos steht BMW schon jetzt gut da. Deshalb brauchen die Münchener auch keine große Anstrengung, um seine Elektroauto-Ziele zu erreichen und Strafzahlungen zu vermeiden, zeigen die Zahlen von Dataforce.

Weil einige andere Hersteller unbedingt ihren Elektroanteil steigern müssen, um hohe Strafzahlungen zu vermeiden, könnte im kommenden Jahr ein Preiskrieg auf dem europäischen E-Auto-Markt ausbrechen. Vielleicht kann BMW als Premium-Hersteller sich heraushalten, sicher ist das aber nicht. Mit der Neuen Klasse und der MMA-Plattform von Mercedes werden die Karten 2025 neu gemischt.

Soweit man es bisher sagen kann, werden die Modelle der Neuen Klasse vor allem bei der Reichweite und den Ladezeiten einen deutlichen Schritt nach vorn bedeuten. In den ersten beiden Jahren sollen sechs Modelle auf der Plattform basieren. Bereits veröffentlichte Skizzen und Prototypen zeigen ein progressives Außendesign und minimalistische Cockpits. Ob die Kundschaft das akzeptiert, ist noch offen.

In China halten viele Verbraucher ihr Geld aufgrund der Immobilienkrise zusammen, zudem werden einheimische Konkurrenten immer stärker. Schon im zweiten Quartal sorgte das für einen Gewinnrückgang bei BMW. Die Marge im Autogeschäft war auf 8,4 Prozent gesunken. Für das laufende Jahr hofft das Management vor allem auf die margenstarken Modelle Fünfer und Siebener, im kommenden Jahr soll dann die Neue Klasse angreifen. (Mit Material von DPA)