Bevor er filmreif aus Japan floh, hatten sich ranghohe Nissan-Manager gegen Carlos Ghosn verschworen. Heute steht der Hersteller so schlecht da wie zu der Zeit, als der frühere Allianzchef als Sanierer einsprang.
Carlos Ghosn: Seit seiner Verhaftung geht es mit Nissan bergab.
Am 19. November 2018 wurde Carlos Ghosn am Flughafen Haneda in Tokio verhaftet. Seitdem behauptet der frühere Chef der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz, er sei von Nationalisten aus dem Unternehmen gedrängt worden, die Nissan als unabhängiges japanisches Unternehmen sehen wollten.
Sechs Jahre später ist Nissan zwar frei von der Kontrolle durch Renault, doch der drittgrößte Autohersteller Japans zeigt weder Stärke noch Unabhängigkeit.
Denn die Turbulenzen, die mit Ghosns spektakulärem Sturz begannen, prägen Nissan bis heute. Die Probleme haben sich im dritten Quartal weiter verschärft.
Unter dem Strich standen ein Nettoverlust und ein Rückgang des operativen Gewinns um 85 Prozent. CEO Makoto Uchida hat daher ein weiteres Sanierungsprogramm angekündigt – das dritte seit seinem Amtsantritt im Dezember 2019. Die geplanten Maßnahmen umfassen:
Es ist nicht weniger als eine Korrektur des eigenen Kurses. Sie folgt auf den im März vorgestellten Wachstumsplan "The Arc", der die globalen Verkäufe um eine Million Fahrzeuge auf 4,4 Millionen steigern sollte.
Stattdessen hat Nissan seine Absatzprognose für das laufende Geschäftsjahr gesenkt und plant nun mit 3,5 Millionen Fahrzeugen. Ziele wie Absatz- und Gewinnwachstum wurden bis auf Weiteres auf Eis gelegt.
Analysten sind nicht begeistert. Sanshiro Fukao, ein Autoexperte des Itochu Research Institute, kritisierte den Plan in einem Newsletter scharf: "Nissans Finanzzahlen waren desaströs, wenn ich so direkt sein darf. Wenn ich ein Nissan-Mitarbeiter wäre, würde ich mich schämen, meinen Eltern oder Kindern davon zu erzählen."
Ghosns ehemals starke Renault-Nissan-Allianz ist mittlerweile fast vollständig zerbrochen. Beide Partner haben ihre gegenseitigen Beteiligungen auf 15 Prozent reduziert.
Renault verfolgt mit seiner neuen Elektroautosparte Ampere einen eigenen Weg, und Vorzeigeprojekte der früheren Allianz, allen voran der gemeinsame Einkauf, sind abgewickelt worden.
Und kaum war die Trennung von Renault vollzogen, suchte Nissan eine neue Partnerschaft – diesmal mit Honda. Es geht um die Zusammenarbeit bei Elektroautos, Software und Einkauf.
Läuft es besser mit japanischen Partnern? Dagegen spricht, dass Nissan zuletzt den Verkauf von rund einem Drittel seines 34-Prozent-Anteils an Mitsubishi verkündete. Dadurch gibt Nissan seine Kontrollmehrheit über den ehemaligen Allianzpartner auf.
Analyst Fukao spekuliert, dass Renault seine Nissan-Beteiligung weiter reduzieren könnte, da das Unternehmen kein Dividendenmotor mehr ist.
Nissan sei jedoch finanziell zu schwach aufgestellt, um die Anteile zurückzukaufen, was wiederum Honda in eine günstige Position bringen könnte.
Nissans Aktienkurs ist seit Ghosns Verhaftung stark gefallen. Vom Wert von 1105 Yen (6,77 Euro) am letzten Handelstag vor seiner Verhaftung im Jahr 2018 sank er diesen Herbst auf unter 400 Yen (2,45 Euro).
Aktivistische Investoren haben zuletzt kleinere Anteile erworben und spekulieren offenbar auf eine günstige Gelegenheit.
Dennoch schloss der Aktienkurs am Montag dieser Woche bei nur 429 Yen (2,63 Euro) – 61 Prozent unter dem Niveau von vor sechs Jahren.
Noch immer ist ungeklärt, ob die Vorwürfe gegen Ghosn auf eine interne Intrige zurückzuführen sind. Ghosn argumentiert, dass Nissan-Manager ihn aus dem Weg geräumt haben, um seine Pläne zur engeren Integration mit Renault zu verhindern.
Nissan und die japanischen Behörden hingegen werfen ihm vor, Einkommen verschleiert und Unternehmensmittel für persönliche Zwecke verwendet zu haben. Französische Behörden haben ebenfalls Anklage gegen ihn erhoben.
Unabhängig von den rechtlichen Vorwürfen steht fest, dass einige hochrangige Nissan-Manager Ghosns Pläne zur engeren Allianz ablehnten und ein internes Audit gegen ihn eingeleitet hatten. Sie argumentierten, dass Nissans Unabhängigkeit die Grundlage für den Erfolg sei.
Dabei gaben sie jedoch an, Ghosns angebliches Fehlverhalten habe im Kern ihres Handelns gestanden.
Im Jahr 2018 war es allgemein bekannt, dass Nissan der stärkere der beiden Partner in der französisch-japanischen Allianz war. Nissan hatte ein höheres Volumen, größere Gewinne, eine ausgeprägtere globale Präsenz und wohl auch das bessere Technologie- und Fertigungs-Know-how.
Jetzt aber sieht es so aus, als befände sich Renault im Aufschwung und Nissan auf dem tiefsten Punkt seit 1999, als Ghosn einsprang, um das fast bankrotte japanische Unternehmen zu sanieren.
Als Ghosn um einen Kommentar zu Nissans aktueller Lage gebeten wurde, antwortete er dementsprechend vorhersehbar. "Wir sind wieder da, wo Nissan vor 1999 war. Was für eine Verschwendung", sagte er. "Es ist sogar noch schlimmer, weil es weniger Hoffnung gibt."
Dieser Artikel ist zuerst bei der amerikanischen Automobilwoche-Schwester Automotive News erschienen. Er wurde von KI übersetzt und von einem Redakteur der Automobilwoche überprüft.
