Nissan-Honda-Fusion: Welcher Platz bleibt für Renault?

Die geplante Fusion von Nissan und Honda hat den Nissan-Allianzpartner Renault sprachlos gemacht. Bislang hat Renault-Vorstandchef Luca de Meo nur verlauten lassen, man habe die Nachrichten aus Japan „zur Kenntnis genommen.“

Das Schweigen der Franzosen ist verständlich, weil eine Ehe von Nissan, Honda und Mitsubishi die seit 1999 bestehende Zusammenarbeit von Renault und Nissan grundlegend in Frage stellt. Die 2016 um Mitsubishi erweiterte Dreier-Allianz könnte von den japanischen Herstellern bei ihrem komplexen Fusionsprozess als störend empfunden werden.

Andererseits würde eine Einbeziehung Renaults in den fusionierten Autoriesen neue Chancen für alle Beteiligten bieten. Allianz-Chairman Dominique Senard hatte zuletzt im vergangenen Frühjahr betont, eine Erweiterung der Allianz um neue Mitglieder werde von allen Partnern begrüßt.

Das ist nachvollziehbar, denn eine Vierer-Kooperation könnte ihre globale Marktposition nochmals verstärken. Insbesondere in China könnten die dort schwach aufgestellten Marken verlorenes Tarrain aufholen. Und weltweit könnten weitere Synergien durch Kosteneinsparungen bei Entwicklung, Einkauf und Produktion erzielt werden. Nicht zuletzt tun sich neue Chancen bei der Entwicklung software-definierter Fahrzeuge auf.

Für Renault bedeutet die sich anbahnende Fusion in jedem Fall eine neue Ära. Die Franzosen müssen nun abwägen, was ihnen wichtiger ist - mehr Autonomie und ein Ende der immer wieder von Streitigkeiten belasteten Allianz, oder ein erneutes Andocken an einen japanischen Konzern.

Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM), sieht Renault in der Zwickmühle: "Entweder Renault steigt in die neue Allianz ein, wodurch ein neuer Autoriese entstünde, der allerdings schwer zu managen ist. Oder die Franzosen beenden die Zusammenarbeit mit den Japanern. In jedem Fall sinkt die Bedeutung von Renault."

Beide Entscheidungen bieten somit nicht nur Vorteile für Renault. Die Frage lautet: Ist Renault stark genug, um künftig alleine die Herausforderungen der Transformation zu leisten?

2025 neigt sich für den Hersteller die letzte Phase der von de Meo 2021 eingeleiteten „Renaulution“ ihrem Ende zu. Die neuen Elektromodelle R5 und R4 kommen auf den Markt, in Nordfrankreich hat Renault seinen Produktionsverbund „ElectriCity“ zum Bau von E-Fahrzeugen fertig aufgestellt. Renault zeigt damit, dass man im Bereich der Elektrifizierung auch ohne Nissan & Co. seine Zukunft gestalten kann.

Andererseits profitiert Renault von Produktionsaufträgen von Nissan und Mitsubishi in Europa. Zahlreiche gemeinsame Projekte laufen seit Jahren reibungslos, in diesem Jahr startet Renault für Nissan den Bau des 2026 auf den Markt kommenden elektrischen Micra, der auf dem R5 beruht. All diese Synergien sind längst unverzichtbar geworden.

Das 2023 gegründete Joint Venture Horse Powertrain für Verbrenner-Antriebe ist vielversprechend gestartet und hat weltweite Absatz-Aspirationen. Es gilt als ausgeschlossen, dass Renault diesen Trumpf bei einem Ende der bisherigen Allianz aufs Spiel setzt.

Eine erfolgreiche Fusion in Japan dürfte zudem für Renault lukrativ sein. Die Renault-Aktie legte seit dem Bekanntwerden der Fusionsgespräche im Dezember um 24 Prozent zu. Der Grund: Die Franzosen halten 35,7 Prozent der Anteile an Nissan - und haben damit auch erhebliche Risiken in ihren Büchern, denn Nissan steckt in großen finanziellen Schwierigkeiten.

Die Ratings der Unternehmensanleihen liegen nur noch knapp über Ramschniveau. Im vergangenen Quartal schloss Nissan mit einem Defizit ab. Nissan-Chef Makoto Uchida kündigte im November den Abbau von 9000 Stellen und die Verkleinerung der Kapazitäten um 25 Prozent an. Ein sanierter Nissan-Konzern würde auch Renault wieder zu satten Transfers aus Japan verhelfen.