Entwicklungszeiten: China Speed ist der neue Maßstab

Schnellere Modellzyklen verbunden mit kürzeren Entwicklungszeiten setzen Fahrzeughersteller, Zulieferer und Entwicklungsdienstleister unter Handlungsdruck. Vor allem die Wettbewerber aus China erlauben in diesem Wettrennen keine Verschnaufpausen. Der Maßstab heißt China Speed.

Die BMW Group verfolgt beispielsweise einen ganzheitlichen Ansatz, um die Entwicklungszeiten zu verkürzen. Zentral ist dabei „die konsequente Nutzung von Digitalisierung, Virtualisierung und Künstlicher Intelligenz“, heißt es beim Hersteller.

Zudem setzt der Konzern auf agile Arbeitsweisen, wie sie aus der Softwareentwicklung bekannt sind. Ein weiterer Hebel sind neugestaltete Prozesse: „Wir stärken bereichsübergreifende Teams und optimieren die Engineering- und Projektflächen und schaffen so leistungsfähige, interdisziplinäre Projektstrukturen.“
 
BMW verweist darauf, dass die Entwicklung der Neuen Klasse bereits nach diesen Prinzipien erfolgt. „Dadurch konnten wir den Entwicklungszyklus bereits um knapp 20 Prozent verkürzen.“

Der OEM verspricht sich durch den Einsatz digitaler und virtueller Methoden insbesondere in der frühen Entwicklungsphase neue Potenziale. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz ließe sich eine Vielzahl von Varianten frühzeitig und effizient bewerten. Gleichzeitig schaffe KI Freiräume, indem sie repetitive Aufgaben automatisiere.

Um die Entwicklungszeiten zu verkürzen, hat der Dienstleister Bertrandt „beispielsweise einen eigenen, deutlich optimierten Produktentwicklungsprozess aufgesetzt, der neben Prozessoptimierungen und klaren Entscheidungswegen innerhalb des Projekts auf digitale Tools setzt“, sagt Andreas Fink, Mitglied des Vorstands Technik.

Statt üblicher drei bis fünf Jahre konnte laut Fink die Entwicklungszeit auf rund 2,5 Jahre reduziert werden. Der Manager bezieht die Aussagen dabei auf Fahrzeuge, die auf Basis einer bestehenden Plattform abgeleitet wurden. Zudem lasse sich die Anzahl kostspieliger Prototypen reduzieren.

Beim Zulieferer Schaeffler spielt neben den geeigneten Entwicklungstools auch „die räumliche Gestaltung von Entwicklungsbereichen eine wichtige Rolle“. Das erklärt Uwe Wagner, Vorstand Forschung & Entwicklung. 

Dafür hat das Unternehmen im vergangenen Jahr ein hochmodernes Technologiezentrum am Unternehmenssitz in Herzogenaurach eröffnet. Wagner betont: „Mit 15 Laboren bündelt es Technologie-Knowhow an einem Ort und beschleunigt Entwicklungszeiten für Grundlagentechnologien in Bereichen wie E-Mobilität, Batterietechnologien oder Wasserstoff signifikant.“

Für den Schaeffler-Vorstand steht fest, dass KI in Entwicklungsprozessen eine wichtige Rolle spielen wird. „Dies ist speziell dort der Fall, wo komplexe Aufgaben zu lösen sind, wie zum Beispiel die Bewertung von Produktanforderungen.“ Mit seinen strategischen Partnern Microsoft, PTC und Siemens arbeite der Zulieferer an Lösungen, um die Potenziale von KI bestmöglich auszuschöpfen.