Stellantis-Chef Carlos Tavares muss gehen

Stellantis organisiert sein Topmanagement neu und dabei wird am Ende auch Konzerngründer Carlos Tavares nach Ablauf seines Vertrages 2026 gehen müssen. Sein Nachfolger soll bis Ende kommenden Jahres gefunden werden, teilte das Unternehmen mit. 

Gesucht wird jetzt schon aktiv, wie aus der Mitteilung am Freitagmorgen hervorgeht. Darin heißt es, dass der "formelle Prozess" bereits begonnen habe und unter Leitung von Verwaltungsratschef John Elkann spätestens 2025 abgeschlossen sein soll. Tavares' Vertrag endet Anfang 2026.Gehen muss auch der operative Europachef Uwe Hochgeschurtz.

Aufsichtsratschef John Elkann erklärte, es gehe darum, "dass diese Schritte zur Vereinfachung unserer Organisation unser Führungsteam stärken werden, das daran arbeitet, die Leistung des Unternehmens wieder auf ein in der Branche führendes Niveau zu bringen." Dieser Satz gilt als deutlicher Hinweis darauf, dass das Ausscheiden von Tavares in erster Linie auf die zuletzt sehr schwache Performance auf dem US-Markt zurückzuführen ist.
 

Damit bestätigen sich Berichte der vergangenen Wochen. Darin war spekuliert worden, dass Tavares, der auch mit einer Verlängerung geliebäugelt hatte, gehen muss. Bis vor Kurzem galt der Manager wegen seiner Leistung als unantastbar.

Tavares erklärte zu dem massiven Personalumbau: "In dieser darwinistischen Zeit für die Automobilindustrie besteht unsere Pflicht und ethische Verantwortung darin, uns anzupassen und uns auf die Zukunft vorzubereiten. Und zwar besser und schneller als unsere Konkurrenten, um saubere, sichere und erschwingliche Mobilität anbieten zu können."

Der gebürtige Portugiese Tavares hat mit Stellantis einen effizienten Autokonzern aus 14 Marken geschaffen, der im vergangenen Jahr Rekordgewinne einfuhr. Die Fusion der PSA-Gruppe mit Fiat-Chrysler im Jahr 2021 gilt als wegweisend. Tavares verordnete den Marken, darunter Opel, Peugeot, Fiat, Chrysler und Jeep, Einsparungen und eine effiziente Gleichteile-Strategie.

Zusätzlich zum bevorstehenden Rückzug von Tavares gibt es zahlreiche weitere Veränderungen bei hochrangigen Positionen im Konzern. Den größten Machtzuwachs verzeichnet Jean-Philippe Imparato, bislang Chef von Alfa Romeo und der Nutzfahrzeugsparte Stellantis Pro One. Er wird nun Chief Operating Officer (COO) für die Region erweitertes Europa, womit er die Aufgaben von Uwe Hochgeschurtz übernimmt, der das Unternehmen verlässt.

Seine Aufgabe als Chef von Alfa Romeo übergibt Imparato an Santo Ficili, der zugleich CEO von Maserati wird. Imparato wird aber seine Führungsposition bei Stellantis Pro One behalten. Ein weiterer Aufsteiger ist Antonio Filosa, der zusätzlich zu seiner Funktion als Jeep-Chef nun auch COO für Nordamerika wird.

Neuer Finanzchef des Konzerns wird Doug Ostermann, der Natalie Knight ersetzt. Knight verlässt das Unternehmen. Ostermann war zuvor COO für Stellantis in China. Als neuer COO für China tritt nun Gregoire Olivier an, der bereits zahlreiche unterschiedliche Positionen bei Stellantis innehatte.

Eine Beschneidung seiner Kompetenzen erfährt dagegen Einkaufschef Maxime Picat. Er muss die Supply-Chain-Organisation, die bislang auch zu seinen Aufgaben gehörte, an Arnaud Deboeuf abgeben.

Im ersten Halbjahr 2024 brach der Nettogewinn von Stellantis um 48 Prozent ein auf 5,6 Milliarden Euro. Der Umsatz ging um 14 Prozent zurück. Vor allem in den USA gibt es Probleme – und damit ausgerechnet dort, wo Stellantis seine meisten Gewinne macht. Im dritten Quartal brach der Gewinn dort um 20 Prozent ein.

Händler in Nordamerika beklagten sich in einem Brief über die Strategie der Konzernführung. Auch bei deutschen Stellantis-Partnern rumort es. Zudem fordern Aktionäre in den USA Schadenersatz vom Unternehmen. In dieser Situation hat Stellantis nun einen gesichtswahrenden Abschied von Tavares eingeläutet.