Krise kostet Chestermann den CEO-Posten

Die Krise beim Online-Gebrauchtwagenhändler Cazoo hat erste personelle Konsequenzen an der Spitze: CEO Alex Chesterman gibt zum ersten April seinen Posten auf und wechselt in den Aufsichtsrat. Nachfolger wird COO Paul Whitehead. Das erlaube es Chesterman, "sich auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens zu konzentrieren", während Whitehead im Tagesgeschäft für eine "Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Einheiten" sorgen solle, hieß es in einer Pressemitteilung des Unternehmens beschönigend.

Tatsächlich dürfte der Schritt eine Konsequenz des dramatischen Absturzes von Cazoo sein. War das Unternehmen an der Börse einst Milliarden Dollar wert, sind es mittlerweile nur noch rund 190 Millionen. Der Börsenkurs rauschte von knapp zehn Dollar im November 2021 auf aktuell nur noch knapp 25 Cent. Der Kursverlust seit Börsenstart liegt aktuell bei mehr als 97 Prozent.

Um ein De-Listing an der New Yorker Börse zu vermeiden, plant Cazoo nun eine Aktienkonsolidierung, bei der die Zahl der im Umlauf befindlichen Aktien verringert wird. Damit soll wieder der Notierungsstandard von mindestens einem Dollar über einen zusammenhängenden Zeitraum von 30 Handelstagen erreicht werden.

Cazoo verbrennt in atemberaubendem Tempo Geld: 2021 schrieb Cazoo einen Verlust von rund 544 Millionen Pfund (ca 620 Millionen Euro). Im ersten Halbjahr 2022 stand erneut ein Verlust von 243 Millionen Pfund. Zu diesem Zeitpunkt hatte Cazoo Barreserven von 400 Millionen Pfund. Um die Verluste zu begrenzen, beendete Cazoo in diesem Jahr seine Expansion auf den kontinentaleuropäischen Markt und zog sich Stück für Stück auf seinen britischen Heimatmarkt zurück.

Vom Ziel, allein in Deutschland nach zwei bis drei Jahren die Gewinnzone und sechsstellige Absatzzahlen zu erreichen, das Chesterman vor einem Jahr in der Automobilwoche ausgegeben hatte, ist wenig geblieben. Das spanische Abo-Geschäft Swipcar ist bereits verkauft, ebenso das italienische Pendant Brumbrum. Das deutsche und französische Geschäft ist mit Ausnahme des Abo-Bereichs ebenfalls bereits abgewickelt. Aktuell belaufen sich die Barmittel auf 250 Millionen Pfund.

Die Rentabilität ist weiterhin in weiter Ferne: Einziges Ziel ist vorerst, die Verluste zu begrenzen. Für Ende des Jahres 2023 rechnet Cazoo mit liquiden Mitteln in Höhe von 100 Millionen Pfund. Ziel sei, den Bargeldverbrauch so zu verringern, dass Cazoo in den nächsten 18 bis 24 Monaten keine weiteren Finanzspritzen benötige. Dazu sollen die Wirtschaftlichkeit verbessert und die Fixkosten weiter gesenkt werden.

Bedeutet konkret: Es werden unter anderem Fahrzeugaufbereitungszentren und Kundenzentren geschlossen und Personal abgebaut. Zudem dampft Cazoo sein Absatzziel nach ca. 65.000 Einheiten im Jahr 2022 auf nurmehr 40.000 bis 50.000 im Jahr 2023 ein. Man wolle sich auf margenstärkere und schneller absetzbare Fahrzeuge konzentrieren, hieß es dazu.

Noch-CEO Chesterman zeigte sich weiter zuversichtlich: "Während 2022 in vielerlei Hinsicht ein herausforderndes Jahr war, geben uns unser anhaltend starkes Wachstum, die bemerkenswerte Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in jedem Quartal und das marktführende Verbraucherfeedback großes Vertrauen in die langfristigen Chancen für Cazoo."

Aus dem Datencenter:

Entwicklung der Gebrauchtwagenpreise (indexiert) in Europa