Bye Bye Cazoo

Ende mit Schrecken bei Cazoo: Der mit großen Ambitionen angetretene britische Online-Gebrauchtwagenhändler will sich vollständig aus der EU zurückziehen. In einer Pressemitteilung teilte das Unternehmen mit, man sei "nach der Prüfung einer Reihe von strategischen Optionen" zu dem Schluss gekommen, dass es "für Cazoo der richtige Weg ist, sich nun ausschließlich auf sein Kerngeschäft in Großbritannien zu konzentrieren". Das deutsche Angebot von Cazoo war kurz darauf schon nicht mehr erreichbar.

Zur Begründung für den Schritt erklärte Cazoo, um die Geschäfte in der EU auszubauen, seien erhebliche weitere Investitionen nötig gewesen. Das jedoch widerspreche dem Ziel, die eigene Liquidität zu erhalten und ohne zusätzliches Kapital rentabel zu werden. "Angesichts unseres Ziels, bis Ende nächsten Jahres die Gewinnzone zu erreichen, haben wir die schwierige Entscheidung getroffen, uns ausschließlich auf den riesigen britischen Gebrauchtwagenmarkt zu konzentrieren, der jährlich mehr als 100 Milliarden Pfund wert ist", sagte Cazoo-Chef Alex Chesterman.

In anderen Worten: Cazoo geht das Geld aus. Allein im ersten Halbjahr 2022 stand ein Verlust von 243 Millionen Pfund. 2021 verbrannte Cazoo insgesamt 544 Millionen Pfund. Zuletzt lagen die Barreserven bei 400 Millionen Pfund.

Die Entwicklung hatte sich schon länger abgezeichnet. Bereits Anfang August bei Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal gab das Unternehmen bekannt, man wolle sein Geschäft auf dem europäischen Festland überprüfen. Im Juni wiederum hatte Cazoo im Rahmen eines 200 Millionen Pfund schweren Sparprogramms bereits das kapitalintensive Abo-Geschäft seiner deutschen Tochter Cluno gestoppt und den Abbau von 750 Arbeitsplätzen verkündet.

Der jetzt verkündete Rückzug soll bis Ende 2023 weitere 100 Millionen Pfund abzüglich der Abwicklungskosten sparen. Bis dahin will Cazoo auch einen ausgeglichenen Cashflow erreichen. Der Barmittelbestand soll bis dahin bei 100 Millionen Pfund liegen. Durch den Schritt sei es nicht notwendig, weitere externe Mittel zu beschaffen.

Diese aufzutreiben wäre Cazoo wohl auch schwergefallen. Der Börsenkurs des Unternehmens ist von seinem Höchststand von zehn Dollar pro Aktie im November 2021 auf aktuell nur noch etwa 65 Cent gefallen. Der Börsenwert implodierte von zwischenzeitlich rund acht Milliarden Dollar auf aktuell nur noch rund 460 Millionen.

Das Problem von Cazoo: Das Geschäft wuchs zwar rasant, es blieb aber viel zu wenig hängen. Bei der Plattform sank das durchschnittliche Rohergebnis für jedes in Großbritannien an Endkunden verkaufte Auto im zweiten Quartal auf 369 Euro (309 britische Pfund). Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Rückgang um ein Drittel. Beim deutschen Konkurrenten Auto1 lief es im gleichen Zeitraum genau umgekehrt. Im zweiten Quartal erzielte dessen Retailsparte Autohero einen durchschnittlichen Rohgewinn von 1035 Euro, ein Plus von 185 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Medienberichten zufolge litt Cazoo auch unter Missmanagement. Die Rede ist von schlechtem Personalmanagement und unzureichender Marktkenntnis.

Cazoo hatte seine deutsche Tochter Cluno erst 2021 für viel Geld gekauft, um auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Ähnlich lief es mit Brumbrum in Italien und Swipcar in Spanien, die nun ebenso wie die Präsenz in Frankreich abgewickelt werden sollen. Für Fragen, wie genau der Abschied in Deutschland vonstatten gehen soll, war Cazoo Deutschland übrigens nicht erreichbar. Auf der Seite von Cluno merkt man von alledem nichts. Obwohl der Abo-Anbieter sein Angebot im Juni eingestellt hat, finden sich dort nach wie vor Abo-Angebote.

Der Rückzug von Cazoo wird auch an anderer Stelle Spuren hinterlassen: Cazoo hat in den vergangenen Monaten Millionen ins Sportsponsoring gepumpt. Das Unternehmen sponsert zahlreiche Fußballclubs, darunter den Premier-League-Club Aston Villa, den spanischen Verein FC Valencia, den FC Bologna in Italien und in der Bundesliga Tabellenführer SC Freiburg. Daneben engagiert sich Cazoo auch bei Rugby, Pferderennen und im Basketball, unter anderem bei Alba Berlin. Ob es mit den kostspieligen Engagements auf dem Kontinent weitergeht ist nun mehr als fraglich. Gegenüber dem Manager Magazin erklärte der SC Freiburg jedenfalls, es gebe einen laufenden Vertrag und man gehe davon aus, dass die Verpflichtungen daraus erfüllt würden.