Was die Branche auf der CES in Las Vegas erwartet

Die Consumer Electronics Show (CES) hat sich zur Leitmesse der Mobilitätsszene entwickelt. "Neben Schanghai ist es der Place to be", sagt Partner Andreas Nienhaus von der Beratung Oliver Wyman. Vom 9. bis 12. Januar werden Tausende Tech-Enthusiasten in Las Vegas unterwegs sein. Große Modellpräsen­tationen sind bis auf Hondas EV-Serie nicht angekündigt. Stattdessen werden die Themen Software-defined Vehicle (SDV) und KI die CES bestimmen.

"Der Bedarf an Rechenkapazität in den Fahrzeugen steigt weiter. Es gilt, Wege zu finden, die Großrechner klug zu integrieren und SDV-Plattformen ganzheitlich aufzusetzen", sagt Nienhaus. KI hingegen könnte der Baustein sein, den die Industrie zum "echten" autonomen Fahren braucht: "Die 0,2 Prozent, die noch fehlen, könnte KI übernehmen."

Jan Becker, Gründer und CEO des US-Softwareunternehmens Apex.AI, rechnet damit, dass neue Integrationssysteme für Fahrerassistenzsysteme (ADAS) vorgestellt werden – also eine größere, tiefere und bessere Integration der Funktionen auf den Chips. "Dadurch werden die Systeme kostengünstiger und können auch im unteren Mittelklasse- und Kleinwagensegment ausgerollt werden", so Becker.

Zudem glaubt er, dass das Thema SDV in Las Vegas noch mal richtig Fahrt aufnimmt. "Wir beobachten, dass alle Hersteller an der dafür notwendigen Basissoftware, also einem OS-System, in vollem Umfang arbeiten", sagt er. Hersteller wie Mercedes, Stellantis, VW oder Toyota arbeiten bereits eigenständig an diesem System – mit Hilfe von Zulieferern. "Wir werden auf der CES Softwarelösungen sehen, die bessere, besser integrierte und sich besser integrierende Systeme darstellen", sagt Becker. 

Mit den ersten SDV-Lösungen im Markt rechnet Becker in diesem Jahr. Mercedes ist beispielsweise einer der Hersteller, der schon ein OS-System für 2024 angekündigt hat. "Die richtige, alle Systeme des Fahrzeugs umfassende SDV-Lösung kommt aber nicht vor 2029/2030", glaubt er.

Ob in fünf Jahren immer noch die Hersteller ihre jeweils eigenen OS-Systeme entwickeln, steht in den Sternen. Experten wie Moritz Neukirchner erwarten hier Konsolidierungen – aus unterschiedlichen Gründen.

Neukirchner, bei der Software-Firma Elektrobit für stra­tegisches Produktmanagement Software-defined Vehicle zuständig, rechnet mit ersten Gesprächen in diese Richtung sogar schon in diesem Jahr, vielleicht sogar auf der CES. "Zwar entwickelt jeder an seinem eigenen OS-System, aber diese Software-Basis ist sehr komplex, teuer und nicht markendifferenzierend", sagt er. Der letzte Punkt ist es eigentlich, weshalb Neukirchner immer wieder unterstreicht, weshalb sich die Hersteller für ein OS-System konsolidieren sollten.

Bei weiteren Trends erwartet der SDV-Experte eine Änderung hin zu mehr virtueller Softwareentwicklung – vor allem, wenn es ums Testing von Software geht. "Zudem bekommt die KI immer mehr die Rolle, beim Programmieren durch Code-Complete-Funktionen zu unterstützen."

Von Chipherstellern wie Qualcomm oder Nvidia erwartet die Branche die Integration von KI ins Auto. Konkret heißt das, Sprachmodelle wie ChatGPT ins Infotainment einzubeziehen. "Autofahrer wollen über natürliche Sprache Funktionen im Auto nutzen, dazu sind Chat GPT und Co prädestiniert", so Becker. Stellantis hat mit seiner Tochter DS den Anfang gemacht. Statt nur konkrete Fragen zum Fahrzeug oder zur bevorstehenden Fahrt zu beantworten, kann das Auto dank ChatGPT auf das gesamte Internet zugreifen.

Aus dem Datencenter:

Erwarteter Umsatz mit Assistenzsystemen in Milliarden Dollar (2022 bis 2035)