"So schnell geben wir unsere Ziele nicht auf"

Herr Nedeljkovic, BMW kam im vergangen Jahr besser durch die Chip-Krise als andere. Wie ist Ihnen das gelungen?

Mit einer starken Mannschaft aus Einkauf, Logistik und den Werken, für die jede einzelne Einheit zählt. Das ist eine echte Teamleistung. Aber natürlich ist die Flexibilität schon immer ein Kernelement von BMW gewesen. Und das kommt uns jetzt in Krisenzeiten zugute. Wir können Volumenschwankungen sehr gut ausgleichen und auch kurzfristig bei Derivaten und Varianten reagieren. Gerade bei der Verknappung von Teilen und Komponenten ist das ein großer Vorteil. Die zweite Seite ist der Einkauf, die Art wie wir Verträge schließen: langfristige Verbindlichkeiten einzugehen, gute Prognosen zu haben, früh genug zu ordern und auch den Mut zu haben, genügend Optimismus zu sehen, um sich große Volumen vorzunehmen.

Hat das bei den Kabelbäumen auch so funktioniert?

Absolut, auch hier ist diese Kombination aus hochmotivierter Mannschaft, Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit das Erfolgsrezept. Der Krieg in der Ukraine hatte kurzfristig einen direkten Einfluss auf unsere Werke, gerade in Europa. Wir waren aber in der Lage, innerhalb kürzester Zeit Alternativen aufzubauen, vor Ort den Betrieb teilweise wieder aufzunehmen und mit einem Dual-Sourcing-Konzept zu agieren. Drei Wochen nach dem ersten Impact liefen die Werke schon wieder konstant. Das funktioniert gut. Und ich möchte ausdrücklich betonen: Das, was unsere Partner in der Ukraine unter diesen Rahmenbedingungen leisten, ist außerordentlich.

Wie konnten Sie beim Kabelbaum denn so schnell ein Dual-Sourcing aufbauen?

Weil wir weltweit intelligent aufgestellt sind. Wir haben natürlich auch in anderen Regionen Kabelbaumlieferanten, also beispielsweise in Mexiko, Nordafrika oder in China. Diese Kapazitäten haben wir uns in dieser Engpass-Situation zunutze gemacht.

Und insgesamt? Werden alle Krisen zusammen dazu führen, dass Sie 2022 weniger Autos bauen können?

So schnell geben wir unsere Ziele nicht auf. Auf Gesamtjahresbasis rechnen wir mit einem Absatz auf Vorjahresniveau. Aufgrund der bereits erwähnten hohen Flexibilität bin ich zuversichtlich, dass uns das gelingt.

Sie wollen alle Werke zur iFactory machen, als erstes das neue Werk in Debrecen. Was planen Sie?

Die BMW iFactory steht für das strategische Zielbild unseres weltweiten Produktionsnetzwerkes und verfolgt einen globalen, integrativen Ansatz. Wir verstehen darunter also kein singuläres Vorzeigewerk, sondern das Konzept wird künftig in allen unseren Werken umgesetzt. Im 100 Jahre alten Stammwerk München genauso wie im zukünftigen Werk im ungarischen Debrecen. Mit der BMW iFactory gehen wir voraus und setzen neue Maßstäbe bei Flexibilität, Effizienz, Nachhaltigkeit und Digitalisierung.

Was bedeutet das konkret?

Bei lean liegt ein klarer Fokus liegt auf Profitabilität und Produktivität. Das bedeutet Optimierung der Wertschöpfungsprozesse, schlanke Strukturen, schlanke Organisation. Ein ganz zentraler Punkt ist dabei die Flexibilität. Bei green geht es darum, den lokalen Footprint an jedem Standort zu reduzieren. Bestes Beispiel: Debrecen wird das erste komplett CO2-freie Automobilwerk der Welt werden. Drittes großes Thema ist die Digitalisierung: Data Science, künstliche Intelligenz und Virtualisierung machen die BMW iFactory digital.

Das heißt?

Bei der Digitalisierung erreichen wir eine neue Dimension der Datendurchgängigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette und über alle Prozessketten hinweg. Innovation und Wirksamkeit gehen dabei Hand in Hand, denn aus digitalen Innovationen gestalten wir wirksame Use Cases in der Produktion. Wir liefern mit BMW iFactory innovative Antworten auf die Herausforderungen der Transformation hin zur E-Mobilität. Denn Automobilbau der Zukunft erfordert ein neues, ganzheitliches Denken.

Sie setzen bisher stark auf Plug-in-Hybride. Ab kommendem Jahr könnten sie in Deutschland aus der Förderung herausfallen. Wird die Nachfrage dann wegbrechen? Geht die Zeit des Plug-in-Hybrids als Brückentechnologie zu Ende?

Wir sehen, dass unsere Plug-in-Hybride auch aufgrund ihrer Fahr-Performance und ihrer Vorteile gekauft werden. Das bleibt ja, unbenommen der Förderung. Und gerade in Ländern mit schwächerer Ladeinfrastruktur kann der Plug-in-Hybrid eine sehr gute Lösung sein. Wir gehen daher davon aus, dass Plug-in-Hybride weiterhin eine wichtige Rolle spielen werden.

Aus dem Datencenter:

Modellvorschau BMW 2022 bis 2024

Entwicklung der Plug-in-Hybride in Deutschland Januar 2020 bis März 2022