Automarkt am Kipp-Punkt

Die schwache Nachfrage nach E-Autos ist für die Autoindustrie hochproblematisch. Einerseits weil bestehende Produktionskapazitäten nicht ausgelastet sind, andererseits weil die Stromer dringend zum Erreichen der CO2-Flottenziele benötigt werden. Doch Besserung ist nicht in Sicht. E-Autos fallen bei vielen Verbrauchern weiterhin durch. Das belegt der neue DAT-Report, der heute in Berlin vorgestellt wurde.

Demnach können 63 Prozent der Pkw-Halter in Deutschland dem Technologiewandel einzig zur Elektromobilität nichts abgewinnen. 80 Prozent wollen ihr aktuelles Auto länger fahren, um die weitere Entwicklung abzuwarten. Dazu passt, dass sich zwar 39 Prozent einen Umstieg auf ein reines E-Auto vorstellen können, von diesen aber fast die Hälfte erst in mehr als fünf Jahren. Kurzfristig binnen der nächsten zwei Jahre erwägt das nur jeder fünfte der Wechselwilligen. "Was dem Endverbraucher fehlt ist das Vertrauen, das Vertrauen in die Technologie", betonte DAT-Sprecher Martin Endlein bei Präsentation des Reports.

Und der Anteil der Wechselwilligen könnte 2024 sogar noch weiter sinken. Denn die Befragung der 4.727 Umfrageteilnehmer durch das Marktforschungsinstitut GfK fand zwischen Juli und Oktober 2023 statt und damit lange vor dem überraschenden Aus der staatlichen Förderung beim Kauf von E-Autos. 55 Prozent der Käufer eines E-Autos begründeten darin ihre Entscheidung für einen Stromer mit den Förderprämien für die Autos. Erst mit deutlichem Abstand folgte der Umweltgedanke als zweitwichtigster Grund (38 Prozent). Mit dem Ende des Umweltbonus ist somit das für viele Kunden wichtigste Kaufargument entfallen.

Grundsätzlich aber ist die Liebe der Deutschen zu ihrem Auto ungebrochen. Für 90 Prozent der Pkw-Halter ist das eigene Auto "elementar". Fast die Hälfte treibt jedoch die Angst um, sich bald kein Auto mehr leisten zu können.

Die ist nicht unbegründet. Befeuert durch die Nachwirkungen der Lieferkrise und den Wegfall kleinerer Modellreihen stiegen die durchschnittlichen Neuwagenpreise 2023 noch einmal deutlich an. 44.630 Euro gaben Privatkunden im Schnitt für ihr neues Auto aus - ein Plus von vier Prozent beziehungsweise 1.840 Euro gegenüber dem Vorjahr. Damit sei ein neues Allzeithoch erreicht, erklärte Uta Heller Senior Project Manager Automotive Market Research bei der DAT. Für Autos von deutschen Premiummarken wurden sogar knapp 60.000 Euro fällig. Im Schnitt müssen Neuwagenkäufer heute rechnerisch 80 Prozent ihres Jahreshaushaltsnettoeinkommens für einen Neuwagen aufwenden. 1974 lag diese Quote noch bei 38 Prozent.

Ob sich der Preisanstieg 2024 wie in den Vorjahren fortsetzt, ist fraglich. Ab Oktober begannen viele Hersteller damit, ihre Fahrzeuge wieder mit Nachlässen in den Markt zu drücken. "Viele Hersteller fangen an sich zu überbieten mit Nachlässen", so Endlein. Das durch den steilen Anstieg der vergangenen Jahre erreichte Preisniveau könnte grundsätzlich aber erst einmal erhalten bleiben.

Das gilt auch für Gebrauchtwagen, wo sich die Entspannung schon 2023 in der Preisentwicklung niederschlug. Diese wurden um 180 Euro günstiger und kosteten im Schnitt 18.620 Euro. Die Seitwärtsbewegung ist auch vor dem Hintergrund der durch den Neuwagenmangel ausgelösten Preisrallye in der Pandemiezeit zu sehen, die Mitte 2023 endete. 2019 waren Gebrauchte mehr als 6.000 Euro günstiger als 2023.

Dass die Preissprünge zunehmend ihr Ende finden, liegt auch an den Verbrauchern. Etlichen wurde die Entwicklung der letzten Jahre angesichts der unsicheren wirtschaftlichen Lage zu viel – sie traten in den Käuferstreik. Elf Prozent aller Pkw-Halter haben einen für 2023 geplanten Autokauf nicht realisiert. Die Top-Gründe: zu hohe Preise (35 Prozent) und Sparzwang (30 Prozent). Doch in vielen Fällen blieb den Verbrauchern keine Wahl. Bei 68 Prozent der Gebrauchtwagen- und 54 Prozent der Neuwagenkäufer war der Pkw-Kauf "absolut notwendig". Das galt vor allem für junge Menschen, die oft vor dem Einstieg ins Berufsleben stehen: Bei ihnen war der Kauf eines Gebrauchten in 80 Prozent der Fälle unvermeidlich.

Angesichts der Preise war der Gang ins Autohaus aber in vielen Fällen mit Abstrichen verbunden. 40 Prozent der Neuwagen- und 56 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer haben am Ende anders gekauft als sie es geplant hatten. Sie mussten meist mehr Geld ausgeben und mit einem schlechter ausgestatteten Auto einer anderen Marke als geplant vorliebnehmen.