Range-Extender: Deutsche Hersteller überlassen Chinesen das Feld

Extended-Range Electric Vehicles – kurz: EREVs – haben vor allem auf dem chinesischen Automarkt beachtliche Wachstumsaussichten. Wie aus einer der Automobilwoche vorliegenden Analyse der Managementberatung Berylls hervorgeht, wird sich der jährliche Absatz dieser E-Autos mit Reichweitenverlängerer bis zum Ende des Jahrzehnts in China bei 3,2 Millionen einpendeln. Im laufenden Jahr werden rund eine Million verkaufte Fahrzeuge mit dieser Technologie erwartet.

Obwohl EREVs auf den ersten Blick wie Plug-in-Hybride (PHEV) wirken, sind sie grundverschieden. Tatsächlich haben sie mehr mit reinen Elektroautos (BEV) gemeinsam: Im EREV wirkt der Verbrennungsmotor wie ein mobiles Kraftwerk, welches nur den Generator antreibt und nicht das Auto selbst. Wenn er eingeschaltet ist, kann er also immer im optimalen Drehzahlbereich arbeiten und ist dadurch besonders energiesparend.

Angesichts der großen Wachstumschancen drücken chinesischer Hersteller, darunter auch international aktive wie BYD oder der Range-Extender-Pionier Li Auto, bei der Modellentwicklung aufs Tempo. Auch der japanische Autobauer Mazda sowie der koreanische Hyundai-Konzern wollen mit eigenen EREV-Modellen mitmischen. Hyundai plant den Marktstart sowohl in China als auch den USA, die Fahrzeuge befinden sich jedoch noch in der Entwicklung.

Westliche Hersteller – darunter ehemalige EREV-Vorreiter wie BMW – positionieren sich dagegen abwartender. Die meisten haben entsprechende Modelle eingestellt oder setzen die Entwicklung nicht fort. Stattdessen konzentrieren sie sich bei der Elektrifizierung überwiegend auf reine E-Autos.

Es gibt aber auch Beispiele für Range-Extender-Lösungen westlicher Hersteller: Die Zusammenarbeit zwischen Geely und Renault im Rahmen des Powertrain-Ventures "Horse" zielt darauf ab, verschiedene Hersteller wie Nissan und Mitsubishi mit emissionsarmen Hybrid- und Verbrennungsmotoren, einschließlich Range-Extender, zu beliefern.

Volkswagen setzt nun zumindest in den USA auf den Range-Extender im neuen elektrischen Pickup-Geländewagen von Scout, der ab 2027 in South Carolina gebaut werden soll. Aus gutem Grund: Die EREVs sind in den USA eine geeignete Elektrifizierungsalternative für das gefragte Segment der schweren Pickups. Fraglich jedoch ist, ob sie auch nach China oder Europa kommen werden.

Ford CEO Jim Farley hat EREVs in China getestet und gilt seither als Befürworter. Ford hat einen abnehmbaren Range-Extender für einen Elektro-Pickup patentiert, der im kommenden elektrischen Ford F-150 zum Einsatz kommen könnte. Auch Stellantis bringt in Amerika ein EREV-Modell seiner Pickup-Marke "Ram" auf den Markt.

EREVs würden laut Berylls die CO2-Grenzwerte für Neufahrzeuge in der EU bis 2034 erfüllen und stellen bis dahin eine sinnvolle Brückentechnologie dar, mit der sich viele Kunden kurzfristig für die E-Mobilität gewinnen ließen.

Wie der Autor der Analyse, Xing Zhou, Partner & Managing Director bei AlixPartners, betont, ist Deutschland auch hier vor mehr als zehn Jahren technologischer Vorreiter gewesen: "Es wäre eine Schande, diese Technologie nun zu vernachlässigen." Zumal auch die Zulieferwertschöpfung "auf jeden Fall vorhanden" sei.

Die Frage, die sich deutsche Hersteller jetzt stellen müssen, lautet seiner Ansicht nach: "Riskieren wir eine Mobilitätslücke und geben ein wachsendes Marktsegment kampflos auf?"