Es ging nicht mehr. Der VW-Aufsichtsrat hat Konzernchef Herbert Diess am Freitag den Laufpass gegeben. Es waren zu viele ungelöste Probleme aufgelaufen. Das darf sich ein Aufsichtsrat nicht ewig anschauen. Warnschüsse Richtung Diess hatte es genug gegeben, die Probleme – China-Abhängigkeit, Softwarechaos, Lieferprobleme – blieben.
Mit Diess geht ein Radikaler. Bei ihm zählt nur alles oder nichts. Er kennt nur 100 Prozent batterieelektrische Elektromobilität, ohne Alternative. Er ging vielen auf die Nerven mit seiner Hauklotz-Rhetorik und seiner Nähe zum Branchen-Aufwiegler Elon Musk. Er eckt an. Seine Befürworter sehen ihn dagegen als Visionär.
Harmonie ist nie sein Ziel gewesen. Auch im Führungsstil sucht Diess die Konfrontation. Er geht keinem Streit aus dem Weg. Wenn sich nichts reibt, geht seiner Meinung nichts voran. In einem Konzern wie VW mit Hunderttausenden Mitarbeitern, einem starken Betriebsrat und Landespolitikern am Tisch ist dieser Stil selbstmörderisch. Diess hat sich zu viele Feinde im Haus gemacht.
Seine Expertise ist unbenommen. Er durchdringt die Themen wie kaum ein anderer Manager in Deutschland. Seine Entourage lief auf Messen mit Kopfhörern hinter ihm her. Seine Anstöße zur Transformation von VW sind richtig. Dafür zollen ihm auch Gegner Respekt. Doch erfolgreiches Management in Wolfsburg setzt auch Durchsetzungskraft und Kompromissbereitschaft voraus. Dies hat der radikale Impulsgeber Diess vernachlässigt.
Sein Nachfolger, Porsche-Chef Oliver Blume, ist nun das Gegenteil in Stil und Management. Er ist ein Teamplayer, dem sie in Zuffenhausen folgen. Den Erfolg gemeinsam erreichen, lautet sein Führungsverständnis. Und das gefällt auch den Eigner-Familien Piech und Porsche. Er soll für Ruhe im Laden sorgen – gerade auch vor dem wichtigen Börsengang von Porsche im Herbst.
Doch auch Blume muss die Probleme lösen. Der Aufsichtsrat wird ihm Zeit gebe, das Softwarehaus Cariad und das China-Geschäft zu reparieren. Blume ist kein Freund des 100-Prozent-Ansatzes, sondern hält sich Optionen offen. Er hat Interesse an E-Fuels , um Verbrenner in der Zukunft sauber zu halten. Dies könnte die Debatte um Alternativen zum E-Motor noch einmal Schwung verleihen.
Blume fängt am 1. September an. In jedem Fall ist die Welt in Wolfsburg dann etwas weniger schwarz und weiß.