So stark senkt Schnellladen den Restwert

Akkus in E-Autos sind sensibel. Am liebsten haben sie Temperaturen zwischen 20 und 40 Grad. Beim Laden mögen sie es gemächlich: Je weniger Leistung, desto besser. Wer sich nicht daran hält, verliert Reichweite. Und das nicht zu knapp, wie eine Analyse des Batterie-Schnelltest-Anbieters Aviloo zeigt.

Fahrzeuge mit einer Laufleistung von 180.000 bis 200.000 Kilometer, die nur am Schnelllader hängen, zeigen demnach eine um rund 17 Prozentpunkte stärkere Abnahme der Batteriegesundheit (State of Health/SoH) als Fahrzeuge ohne Schnellladeanteil. Bei einer Laufleistung zwischen 80.000 und 100.000 Kilometern nimmt der SoH um rund 7,5 Prozentpunkte stärker ab. Der Konkurrent Twaice kommt zu ähnlichen Befunden. "In einer Studie konnten wir 2020 nachweisen, dass sich bei zwei gleichen E-Autos nach drei Jahren und 45.000 Kilometern Laufleistung eine Wertdifferenz von 450 Euro ergab, wenn ein Auto gut und das andere schlecht behandelt wurde", sagt Co-CEO Stephan Rohr.

Branchenakteure stellen sich bereits darauf ein. Das Prüfen der Ladekapazität sei für die Branche essenziell, sagt Jost Dieckhaus, Vice President Remarketing bei Auto1. Schließlich macht der Akku oft die Hälfte des Fahrzeugwerts aus. In der Kalkulationssoftware der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) kann künftig auch ein SoH-Wert hinterlegt werden. Weicht er von der Norm ab, erfolgt eine Wertkorrektur.

Das Problem: Bisher lässt sich der SoH schwer zuverlässig feststellen. Die Reichweite im Auto-Display sagt oft zu wenig über den realen Akkuzustand aus, weil Hersteller etwa "versteckte" Reserven vorhalten, die sie nach und nach freischalten. Und unabhängige Tests sind kaum verbreitet. "Der Markt ist erst im Entstehen", sagt Rohr. Hinzu kommt, dass Prüfverfahren von Anbietern wie Twaice, Aviloo oder Dekra nicht gleich sind. "Diese zeigen zwar alle eine ähnliche Tendenz, im Detail gibt es jedoch Unterschiede. Das erschwert die Vergleichbarkeit", sagt Hendrik Pötter, DAT-Teamleiter Marktbeobachtung. Firmen wie Auto1 oder Leasinganbieter kämpfen bereits für einheitliche Standards.

Die meisten Experten sind sich einig: In wenigen Jahren sind Batterietests Standard. Hinzu kommen Telematikdaten der Autos, die Aufschluss zum Nutzungsverhalten geben. "Leasinggesellschaften werden irgendwann damit anfangen, bei der Rückgabe für übermäßiges Schnellladen Abzüge geltend zu machen - ähnlich wie bei einer Beule am Kotflügel. Kunden droht dann eine Nachzahlung", sagt Pötter. Doch der Experte betont auch: Der Akku ist nur ein Restwertfaktor von vielen. Bestes Beispiel sei Tesla. Hier seien die Restwerte als Folge kurzfristiger Preissenkungen und Rabatte zuletzt abgestürzt. Sinkt der Preis für Neuwagen, erwarten Kunden entsprechende Abschläge auf Gebrauchte.