Finanzierung: E-Autos aus China verändern die Spielregeln

Für unabhängige Autobanken – sogenannte Non-Captives – sind die chinesischen Hersteller die Chance, ihr Geschäft auf dem Neuwagenmarkt auszubauen. Doch das Engagement birgt auch viele Risiken – besonders mit Blick auf die sinkenden Restwerte von E-Autos. "Sowohl chinesische Hersteller als auch ihre Finanzpartner sind in der Regel nicht dazu bereit, die Restwertrisiken zu übernehmen", sagt Finanzexperte und Dozent Frank Stenner. "Entsprechend versuchen sie, dass der Kunde es trägt." Auch viele Händler machen lieber einen Bogen um das Thema.

Wie Banken die Risiken abzufedern suchen, zeigt die aktuelle Aktion für den GWM Ora 03 von O! Automobile. Bis Ende März bietet die Emil-Frey-Tochter einen satten Rabatt von 12.000 Euro. Für das Leasing (24 Monate, 5000 Kilometer, ohne Anzahlung) bedeutet dies: Das E-Auto ist ab 149 Euro zu haben. Aber nur, wenn der Händler bereit ist, die Risiken zu tragen. Soll die Bank diese übernehmen, erhöht sich die Monatsrate auf 199 Euro. Ein Risikoaufschlag, auch wenn der Kunde ein Wartungspaket erhält.

Doch nur wenige Ora-Händler werden wohl ins Risiko gehen. In den meisten Fällen kommt der Finanzpartner Santander ins Spiel. Die Bank will sich jedoch lieber nicht zu den Restwertrisiken äußern. Vielleicht, weil sie zuletzt schlechte Erfahrungen machte. Santander ist auch Finanzpartner des E-Pioniers Tesla. Dessen massive Preissenkungen hatten die Bank zunächst überrascht und bekommt sie nun zu spüren. Vor allem in den nächsten Monaten und Jahren, wenn die zur Hochphase geschlossenen Leasingverträge auslaufen. Immerhin dämpfen die im Vorfeld gestiegenen Restwerte den Einbruch ab.

Wettbewerber MG ist unter den chinesischen Herstellern bislang am besten auf dem deutschen Markt angekommen. Im vergangenen Jahr zählte das KBA mehr als 21.000 Neuzulassungen. Auch MG bekommt den Preisdruck durch den Wettbewerb und die damit verbundenen sinkenden Restwerte deutlich zu spüren.

Dreht der Hersteller am Preis, erhält der Finanzpartner die Info. "Unsere Partner gehen proaktiv auf uns zu und informieren frühzeitig über die Preisgestaltung", sagt Bernd Brauer, Head of Mobility bei Consors Finanz. Der Finanzdienstleister übernehme selbst keine Rücknahmegarantie. Risiken aufgrund sinkender Erträge sehe man vor allem bei den Handelspartnern. Brauer weiter: "Aufgrund dieser aktuellen Situation kommen wir in enger Taktung mit unseren Partnern in sogenannten Restwertkomitees zusammen. Hier schauen wir uns regelmäßig die Entwicklung der Preise und der Restwerte an."

Für Non-Captives, die quasi in die erste Reihe rücken und als Captives fungieren, ist dies keine leichte Aufgabe. Experte Stenner beschreibt die Herausforderungen: "Non-Captives fehlt das Know-how von Herstellern und Captives, um die Restwertrisiken einzuschätzen." Das kann den Weg in einen neuen Markt erschweren. "Klassische Anbieter, bei denen die Captives die Risiken tragen, haben das große Plus, dass sie bessere Angebote bringen können." Das sei ein entscheidender Vorteil bei der Vermarktung.