So verteidigt Källenius den Verkauf der Mercedes-Niederlassungen

Mercedes-Chef Ola Källenius hat den geplanten Verkauf der eigenen Autohäuser in Deutschland erstmals persönlich verteidigt. So würde mit der Entscheidung lediglich zu Ende gebracht, was in vielen Ländern schon umgesetzt sei. "Von 6500 Händlern weltweit sind weit über 90 Prozent seit jeher in privater Hand", sagte Källenius vor Journalisten beim Wirtschaftspresseclub in Stuttgart.

Seit Jahren schon rollt eine Verkaufswelle. So seien etwa in Kanada, aber auch im Vereinigten Königreich, in Frankreich, Belgien oder Schweden eigene Niederlassungen an private Investoren überführt worden. Auch der Handel befinde sich mitten in der Transformation hin zur Digitalisierung und Elektromobilität, was große Investitionen erfordere. Gegen die zum Teil länderübergreifenden großen Handelsgruppen mit deren Kostenstrukturen hätten es die eigenen Autohäuser schwer. "Wir sind in Deutschland vielleicht groß, aber im globalen Maßstab eher klein", so Källenius.

Dahinter stecke auch eine Grundsatzentscheidung, über die man sehr lange nachgedacht habe. Zwar sei der Handel auch Teil von Mercedes-Benz. "Aber am besten können wir das Industriegeschäft", so Källenius. Deshalb müssten dort auch die Hauptinvestitionen angesiedelt sein. Derzeit befinde man sich in Diskussionen mit den Arbeitnehmervertretern über das Ob, Wann und Wie des Verkaufs. Zuvor seien Aussagen über mögliche Käufer und Standorte nicht möglich.

Wie berichtet beabsichtigt Mercedes, die über 60 Niederlassungen in Deutschland mit zum Teil weiteren angeschlossenen Standorten wie Werkstätten an Investoren zu verkaufen. Medienberichten zufolge wären allein 800 Millionen Euro an Investitionen nötig, um sie auf den Stand der Wettbewerber zu bringen. Zu den geplanten Einnahmen aus dem Verkauf macht Mercedes offiziell keine Angaben. Sie dürften sich nach Schätzungen aber im Bereich von 2,5 Milliarden Euro bewegen, wenn tatsächlich alle Niederlassungen in private Hände übergehen sollten.

Bereits 2015 hatte Mercedes 63 Standorte in die Hand privater Investoren gegeben. "Wir wissen daher auch, was mit diesen Betrieben und den rund 5000 betroffenen Menschen passiert ist", so Källenius. Wenn ein Erwerber komme und viele Millionen Euro auf den Tisch lege, um ein Autohaus zu übernehmen, dann wolle er dieses sicher nicht schließen. "Also ist es keine Überraschung, dass diese Betriebe heute, zehn Jahre nach dem Verkauf, gut dastehen", so Källenius.

Heftige Kritik kommt dagegen von den Arbeitnehmervertretern. Betriebsratschef Ergun Lümali sprach angesichts der Pläne jüngst bei Protestaktionen in verschiedenen Niederlassungen von einem "rabenschwarzen Tag". Die Pläne gingen alleine auf das Konto des Unternehmens, man lehne sie ab. Sollte es aber zu einem Verkauf kommen, dann sollen bestimmte Bedingungen erfüllt werden. "Wir setzen uns dafür ein, dass mögliche Erwerber eine ausgewiesene Expertise im Autohandel haben, eine stabile wirtschaftliche Basis und ein langfristiges Konzept, um die Arbeitsplätze nachhaltig zu sichern", bekräftigte Lümali.

Nicht nur im Vertrieb will Källenius kräftig Kosten senken. Auch in vielen anderen Bereichen soll in den nächsten Jahren gespart werden. "Die variablen Kosten für den Antrieb liegen bei Elektroautos höher, wir können das nicht 1:1 weitergeben, müssen also was tun", sagte Källenius. Man müsse an das ganze System ran, dazu gehörten Fixkosten wie der Mitteleinsatz. Mercedes kämpft derzeit wegen der Vielzahl an neuen Modellen, dem eigenen Betriebssystem oder der neuen Schadstoffnorm EU7 mit hohen Ausgaben in der Entwicklung. "Diese sollen bald auf ein normales Niveau zurückgeführt werden", so Källenius.

Auf der anderen Seite sollen neue Ertragsquellen wie digitale Dienste im Auto oder das automatisierte Fahren erschlossen werden. "Es ist nie ein Einzelthema, sondern wir betrachten auch die Ertragsseite", so Källenius. Ganz spezifisch sollen für das Jahr 2024 die Fixkosten etwa in der Produktion oder bei Büromaterialien gegenüber 2023 sinken. Diese seien zuletzt gestiegen, was auch an den Nachwirkungen von Corona und der Halbleiter-Krise liege. Hier habe man im Vergleich zu 2019 bereits 15 bis 16 Prozent geschafft, wolle nun aber den nächsten Schritt gehen.

Aus dem Datencenter:

Niederlassungen von Mercedes in Deutschland