Stellantis schiebt Agenturmodell auf die lange Bank

Erneuter Rückschlag für die Agentur-Pläne von Stellantis: Erst im Dezember musste der Hersteller nach mehrmaligem Verschieben seinen ursprünglichen Fahrplan vollständig über den Haufen werfen; nun kippt auch der neue Starttermin Mitte 2025. Das geht aus einem Schreiben von Johannes Alings, Direktor Händlernetzentwicklung bei Stellantis Deutschland, an die Händler hervor, das der Automobilwoche vorliegt. "Konkret ist für Deutschland aktuell nicht von einem Start des Agenturmodells zu Mitte 2025 auszugehen", so Alings.

Stattdessen verlängere man die Händlerverträge für die Premium- (Alfa Romeo, DS, Lancia) und Nutzfahrzeugmarken in Ihrer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2026. Bis zu diesem Stichtag laufen auch die Verträge der Volumenmarken Opel, Peugeot, Citroen und Fiat. Ursprünglich wären die Verträge der Premium- und Nutzfahrzeugmarken zum geplanten Agenturstart am 30. Juni 2025 ausgelaufen.

Ob Stellantis dann zum 1. Januar 2027 in die Agentur wechselt, ist allerdings offen. Nach den jüngsten Erfahrungen will man sich offensichtlich nicht mehr auf ein Datum festlegen. Man werde die Händler "zu gegebener Zeit und mit einer Frist von mindestens sechs Monaten über die Planung der Pilotphase und den tatsächlichen Start des Retailer-Modells informieren", heißt es in dem Schreiben.

So mancher im Handel sieht angesichts dessen das Agenturmodell als Ganzes kippen. "Ich glaube nicht mehr daran, dass Stellantis die Agentur überhaupt einführen wird. Und damit bin ich in guter Gesellschaft", sagt Karl Kleba, Vorsitzender des Verbands der Stellantis-Konzern-Händler und -Servicebetriebe Deutschland.

An den Händlern scheitere es nicht. Diese würden die Umstellung bis Mitte 2025 schaffen. Das Problem liege vielmehr bei Stellantis. "Die Systeme und Prozesse von Stellantis funktionieren nicht. Das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben. Einen Agenturstart zum ersten Januar 2027 halte ich für völlig unrealistisch", so Kleba.

Stellantis selbst teilte auf Nachfrage mit, man prüfe den Zeitpunkt für die Ausweitung des neuen Retailer-Modells auf weitere Länder in enger Zusammenarbeit mit seinem Händlernetz. Stellantis und seine Händlerpartner seien "voll engagiert" und konzentrierten sich "auf eine kontinuierliche Verbesserung der Ausführungsphase des neuen Retailer-Modells in den drei Pilotländern – Österreich, Belgien und den Niederlanden".

Gerade dort hakt es massiv, was ein gewichtiger Grund für die Verschiebung jetzt in Deutschland sein dürfte. "Stellantis hat bei der Einführung der Agentur in den Testmärkten offenbar kompletten Schiffbruch erlitten", sagt ein deutscher Stellantis-Partner. In Belgien etwa stürzte Stellantis bis Ende Mai auf einen Marktanteil von elf Prozent ab. Opel etwa verzeichnete von Januar bis Mai ein Minus von rund 40 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Fiat kam auf minus 39, Peugeot auf minus 35 und Citroen auf minus 17 Prozent. 2019 lag der gemeinsame Marktanteil aller Stellantis-Marken noch bei 25 Prozent.

Ähnlich ist das Bild in den Niederlanden: Opel kommt bis Ende Juni auf minus 45 Prozent, Peugeot auf minus 26 und Citroen auf minus 18,4. Einzig Fiat gelingt ein leichtes Plus von vier Prozent.

Die Ursachen für den Absturz sind nicht neu. Schon Ende 2023 sah sich Stellantis-Chef Carlos Tavares nach der Vorführung des Agentursystems bei einem niederländischen Händler gezwungen, sich bei den Vertriebspartnern zu entschuldigen, weil die Systeme nicht funktionierten. Vor allem am Zusammenspiel der einzelnen IT-Systeme hakte es Händlern zufolge. An den Problemen mit den Systemen und Prozessen hat sich seitdem offenbar wenig geändert.

Das französische Branchenportal "Auto Infos" berichtet unter Verweis auf belgische Händler zudem, dass Kunden die von Stellantis verlangten und für den Agenturvertrieb typischen Festpreise nicht akzeptieren, weil sie gewohnt seien zu feilschen. Ein weiteres Problem seien die mangelnde Vielfalt bei Ausstellungsfahrzeugen sowie die Umstellung von lokalen Marketingaktionen auf landesweite Kampagnen, durch die die Nähe zwischen Händler und Kunden verloren gehe.

Mit dem neuerlichen Agentur-Aufschub ist Deutschland nicht allein. Schon zu Jahresbeginn etwa, gab Stellantis-UK-Chefin Maria Grazia Davino bekannt, man wolle in Großbritannien bis Ende 2026 warten. Auch Spanien soll erst 2026 wechseln, Frankreich dem Vernehmen nach erst 2027.

Bevor in Deutschland der Wechsel vollzogen wird ist mit den Händlerverbänden zudem erst eine Pilotphase mit einigen ausgewählten Händlern vereinbart. Nur wenn "alle Systeme und Prozesse ordnungsgemäß funktionieren und ein reibungsloser Übergang" möglich sei, werde man ins Agenturmodell wechseln, heißt es im Händlerrundschreiben von Stellantis Deutschland.

Rein wirtschaftlich habe man das Agenturmodell allerdings schon bei etlichen Marken und Modellen, berichten Händler. Für Jeep Avenger und Grand Cherokee etwa gibt es schon jetzt Margen von fünf bzw. sechs Prozent. Da stelle sich die Frage ob Stellantis erkannt habe, dass die eigentliche Agentur nur zusätzliche Kosten etwa für die Lagerwagenfinanzierung mit sich bringe, meint der Stellantis-Partner