Pro & Contra: Sollen die CO2-Ziele für 2025 aufgeweicht werden?

Contra: Es wäre das falsche Signal

von Christoph Baeuchle

Die CO2-Ziele 2025 für die Automobilhersteller sind hart. Sehr hart. Der Sprung von 116 g/km in 2024 auf nur noch 94 g/km ist kaum zu schaffen – ein Rückgang um rund 20 Prozent. Das gilt vor allem, wenn man die aktuellen Daten anschaut: Im ersten Halbjahr lagen die Durchschnittswerte bei 110 g/km; es fehlen rund 15 Prozent, um die Zielwerte zu erreichen.

Aber die Hersteller hatten deutlich mehr Zeit, als die paar Monate die noch verbleiben. Die genauen Ziele stehen schon seit einem knappen halben Jahrzehnt, die Diskussion darum geht seit nahezu einem Jahrzehnt. Das gibt viel Spielraum für die Vorbereitung.

Zumal die Branche in den Jahren zuvor hohe Rendite eingefahren haben. In der Spitze schaffte es BMW auf eine Umsatzrendite von 16,5 Prozent in 2022. Audi und Mercedes standen nur wenige Punkte nach. Selbst Volkswagen war in den vergangenen Jahren in seinen Zielkorridor.

Die Jahre haben die Hersteller genutzt, um kräftig zu verdienen. Doch die Transformation kam zu kurz: Nicht nur mit Blick auf die CO2-Ziele, auch mit Blick auf den Abbau vorhandener Produktionskapazitäten. Dabei war beides absehbar.

Auch, dass die Rufe nach Lockerungen vor der CO2-Verschärfung erneut laut werden. Das war bereits vor fünf Jahren der Fall. Die Hersteller bauten das Schrecken-Szenario mit Milliarden-Strafen und drohendem Stellenabbau auf. Am Ende erreichten nicht alle Hersteller die vorgegebenen Ziele.

Aber rund eine halbe Milliarde Euro Strafe ist für eine Branche zu verkraften. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, welche Strafzahlungen die Hersteller in anderen Fällen wie dem VW-Dieselskandal bereit sind, in Kauf zu nehmen.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Politik viele Fehler gemacht hat. Das abrupte Aus der staatliche E-Förderung bekamen die Hersteller zu spüren. Stümperhafte Förderungen an anderen Stellen, erscheinen eher als Klientelpolitik.

Wenn die Politik nun auch noch die Ziele aufweicht, dann verliert sie nicht nur ein weiteres Mal an Glaubwürdigkeit – davon kann die deutsche Regierung ein Lied singen. Sondern bestraft auch die Hersteller, die den mühsamen Weg zur CO2-Zielerreichung vorangetrieben haben.

Klare verlässliche Rahmenbedingungen sind für die Hersteller entscheidend. Den Rest sollten wir den hochbezahlten Manager der Autoindustrie überlassen. Das hat vor fünf Jahren schon mal geklappt, das klappt auch diesmal wieder.

von Michael Knauer

Ist die Forderung einiger europäischer Autobauer nach einem Verschieben der für 2025 festgelegten Emissionsziele um zwei Jahre gerechtfertigt? Der europäische Herstellerverband ACEA will an diesem Mittwoch entscheiden, ob diese zentrale Forderung „aus dem Umfeld des ACEA“ im Namen des gesamten Verbandes erhoben wird.

Der Lobby-Verband will sich dabei auf eine Krisenklausel in den EU-Verträgen berufen, Artikel 122, wonach eine unerwartete Krisenlage eine Neujustierung bereits getroffener EU-Entscheidungen ermöglicht. Zuletzt war dieser Artikel bei der Covid-Pandemie und zu Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine erfolgreich bemüht worden.

Die Gegner einer solchen Verschiebung verweisen verständlicherweise darauf, dass sich die Autobauer seit 2019 auf genau dieses Szenario vorbereiten konnten. Und sie verweisen darauf, dass Europas Autobauer in den vergangenen zwei Jahren überschlägig rund 130 Milliarden Euro Gewinn verbucht haben.

Doch sind das gute Argumente gegen ein Verschieben des 2025er-Termins? Ich meine nein. Denn zum einen gibt es objektiv eine Krisenlage, Zulieferer und Hersteller sehen sich einer so nicht vorhersehbaren Kaufzurückhaltung bei E-Autos konfrontiert. Zehntausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, sogar ganze Werke.

Ja, das hat auch etwas damit zu tun, dass die Hersteller nicht ausreichend bezahlbare, kleine E-Modelle anbieten. Und ja, auch der immer noch schleppende Ladenetz-Ausbau trägt zur Verunsicherung der Verbraucher bei.

Allerdings war 2019 bei Verabschiedung der CO2-Grenzwerte für 2025 noch nicht absehbar, dass die Zinsen im Jahr 2024 steil nach oben schießen. Dass eine Inflation das Vertrauen der Verbraucher einbremst und sie vor Langfrist-Anschaffungen zurückschrecken lässt.

Und 2019 war auch noch nicht absehbar, dass die deutsche Bundesregierung im Dezember 2023 über Nacht die staatliche Förderung von E-Auto-Neuzulassungen einstellt.

Das Datum 2035 dagegen ist gesetzt und sollte es bleiben – die gesamte Industrie hat sich darauf mit Milliardeninvestitionen eingestellt. Um jedoch eine weitere Zuspitzung der Krisenlage zu vermeiden, sollten die Autobauer ab sofort frei entscheiden können, wie und wann sie die Emissions-Kurve bis zum Stichdatum 2035 schaffen.

Mikro-Management sollte die Aufgabe der Unternehmen bleiben, der Staat ist mit dieser Aufgabe in einer freien Marktwirtschaft nachweislich überfordert.