Tesla ohne Elon Musk? Es ist an der Zeit, meint Automobilwoche-Herausgeber Burkhard Riering. Ein Blick auf die Überväter anderer Konzerne zeigt: Es geht auch ohne sie – häufig sogar besser.
Tesla-Show vor dem Weißen Haus: Elon Musk braucht Verkaufshilfe von Donald Trump.
Es sind surreale Szenen. US-Präsident Donald Trump wird zum Autoverkäufer und macht vor der Kulisse des Weißen Hauses Werbung für seinen Wahlkampfspender Elon Musk. Trump preist die Marke Tesla an und verkündet zudem den Erwerb eines Model Y für seinen Stab.
Dann setzt sich der erklärte E-Auto-Verachter noch auf den Fahrersitz und schwärmt von der fantastischen Erfahrung. Selbst fahren darf er als Präsident nicht. Es ist Realsatire.
Trumps Unterstützung hat Musk dringend nötig. Er hat es sich verscherzt mit vielen. Es ist nicht nur seine Bewunderung für autoritäre Regime und libertäre Parolen. Musk betreibt auch sein neues Hobby mit großer Verve: Bundesbeamte feuern.
Wie immer macht er keine halben Sachen. 30.000 sollen es schon sein. Mit Brachialattitüde schickt der "Regierungsberater" seine Leute durch die Flure der Behörden, um "faule Beamte" zu identifizieren. Wie werden sich diejenigen fühlen, die Trump gewählt haben und dafür umgehend nach der Inauguration entlassen worden sind?
Das erratische und bisweilen – im Tandem mit Trump – chaotische Agieren hat Auswirkungen auf Tesla. So bricht sich die Wut Bahn: brennende Ladesäulen, Demonstranten vor den Showrooms, demolierte Fahrzeuge, Aufkleber à la "I bought this car before Elon went crazy" – und ein steiler Absturz der Absatzzahlen.
Minus 76 Prozent Verkäufe in Deutschland und vielen anderen Ländern. Das kann Gründe haben, die nichts mit Musk zu tun haben, wie die veraltete Modellpalette oder die erstarkte Konkurrenz. Aber die Marke nimmt enormen Schaden. Weltweit.
Ein Musk, der der reichste Mensch der Welt wurde, der von sich glaubt, dass er alles erreichen kann, hält diesen Absturz nicht auf. Der Wir-schaffen-alles-Nimbus ist weg. Das Narrativ sauberer Mobilität bei gleichzeitiger Unterstützung des Klimaleugners Trump sowieso.
Ein Hersteller, der derart nach unten durchgereicht wird, braucht einen neuen CEO. Natürlich steht Musk für den Aufstieg von Tesla wie kein anderer. Doch er muss sich verantworten auch vor seinen Mitarbeitern. Etliche Milliarden Dollar Buchwert an der Börse sind futsch – da mussten CEOs schon für weniger gehen. Es ist Doomsday.
Natürlich schmeißt ihn niemand hinaus. Der Aufsichtsrat, in dem Musk selbst sitzt, ist noch immer mit seinen Buddys besetzt. Ihm gehört ein schönes Aktienpaket. Ein Nachfolger ist weit und breit nicht in Sicht.
Musk selbst, den man nie unterschätzen darf, setzt auf Robotaxis und Künstliche Intelligenz, um die atemberaubende Börsenstory Tesla weiter am Leben zu halten. Doch die Frage stellt sich, ob ihm die Investoren dies noch abnehmen.
Und es gibt ein Danach, wenn ein übergroßer Leader geht. Apple war ohne Steve Jobs nicht vorstellbar, bis CEO Tim Cook den Konzern zu neuen Höhen führte. Microsoft ist, einst von Übervater Bill Gates groß gemacht, unter Vorstandschef Satya Nadella heute strahlender denn je.
Bei Teslas jüngerer Entwicklung gibt es nichts zu feiern. Der Vorreiter der Elektromobilität hat seine Orientierung verloren. Musk hat zehn Jahre lang die Wettbewerber vor sich hergetrieben und ihnen das Laufen beigebracht. Das hat sich für alle gelohnt. Nun ist es vorbei.
