Gleiches Datenrecht für alle

Die EU-Kommission hat die Gruppenfreistellungsverordnung für Kraftfahrzeuge (Kfz-GVO), wie erwartet um weitere fünf Jahre verlängert. Dabei hat die Kommission zugleich beim Thema Fahrzeugdaten die Position herstellerunabhängiger Akteure gestärkt.

Die Kfz-GVO wäre Ende Mai 2023 ausgelaufen und gilt nun bis 31. Mai 2028. "Die Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung ist nach wie vor ein wirksames Instrument, um sicherzustellen, dass vertikale Vereinbarungen im Automobilsektor mit den EU-Wettbewerbsregeln in Einklang stehen, und sollte weitere fünf Jahre in Kraft bleiben", erklärte die zuständige Wettbewerbskommissarin und Kommissions-Vizepräsidentin Margrethe Vestager.

Durch die Befristung auf fünf Jahre will sich die Kommission offenhalten, auf Marktveränderungen zu reagieren, die sich beispielsweise aus der Digitalisierung, der Elektrifizierung und neuen Mobilitätsmustern von Fahrzeugen ergeben könnten.

Mit der Verlängerung hat die EU-Kommission zugleich ihre ergänzenden Leitlinien zur Anwendung überarbeitet. Darin geht die Kommission auf den Zugang zu fahrzeuggenerierten Daten ein. Ziel sei, sicherzustellen "…dass die Betreiber des Anschlussmarktes, einschließlich der Werkstätten, weiterhin Zugang zu den für die Reparatur und Wartung erforderlichen Fahrzeugdaten haben."

Die wichtigsten Änderungen:

• Von Fahrzeugsensoren erzeugte Daten können der Kommission zufolge ein wesentlicher Input für die Erbringung von Reparatur- und Wartungsdienstleistungen sein. Um Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu entsprechen, sollen daher zugelassene und unabhängige Werkstätten gleichberechtigt Zugang zu diesen Daten haben. Die bestehenden Grundsätze für die Bereitstellung von technischen Informationen, Werkzeugen und Schulungen, die für die Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen erforderlich sind, wurden ausdrücklich auf fahrzeuggenerierte Daten ausgedehnt.
• Hersteller müssen auf Verhältnismäßigkeit achten, wenn sie erwägen, Fahrzeugdaten im Hinblick auf die Cybersicherheit zurückzuhalten
• Die EU-Kommission droht in der Überarbeitung, Artikel 102 AEUV anzuwenden, wenn Anbieter unabhängigen Marktteilnehmen "wesentlichen Input" wie fahrzeuggenerierte Daten einseitig vorenthalten. Artikel 102 verbietet den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung auf den Binnenmarkt durch Unternehmen

"Heutzutage ist der Zugang zu solchen Daten unerlässlich, um sicherzustellen, dass unabhängige und zugelassene Werkstätten gleichberechtigt miteinander konkurrieren können. Dies wird dazu beitragen, dass die europäischen Autofahrer weiterhin eine Auswahl an erschwinglichen Reparatur- und Wartungsdienstleistern haben", erklärte Vestager weiter.

Deren Branchenverbände zeigten sich dementsprechend zufrieden. "Wir begrüßen es, dass in den nun aktualisierten Leitlinien mehr Klarheit zum Zugang zu fahrzeuggenerierten Daten geschaffen wurde", erklärte Kurt-Christian Scheel, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) gegenüber der Automobilwoche. Doch die Freude ist nicht ungetrübt: "Allerdings ist die EU-Kommission nicht unserem Wunsch nachgekommen, detaillierter auf Agentursysteme einzugehen. Hier hätten wir uns weitergehende Erläuterungen insbesondere zum unechten Agentursystem gewünscht", so Scheel.

Ähnlich äußerte sich der europäische Branchenverband Cecra. Grundsätzlich sei die Verlängerung der Kfz-GVO zu begrüßen und der Fokus auf Fahrzeugdaten "vielversprechend". Nun gelte es aber, die Details zu prüfen, sobald die entsprechenden Dokumente vorlägen. Maßstab für die Daten, die unabhängige Marktteilnehmer erhalten, müssten stets die Vertragswerkstätten eines Herstellers sein, betonte der Verband.